Der Fachbegriff für Glücksspielsucht: pathologisches (krankhaftes) Glücksspielverhalten. Die Zahl der Menschen, die an dieser Suchtform leiden, steigt in Deutschland seit Jahren an. Glücksspielsüchtige sind größtenteils männlich und haben häufig weitere psychische Störungen.
Meist sind Männer betroffen
Insgesamt sind in Deutschland laut aktuellen Studiendaten der BZgA rund 430.000 Menschen von einem problematischen Glücksspielverhalten oder einer Glücksspielsucht betroffen. Mit einem Anteil von über 80 Prozent sind weitaus mehr Männer als Frauen betroffen. Vor allem junge männliche Erwachsene bis 25 Jahre sowie mit Migrationshintergrund oder einem eher niedrigen Einkommen gehören zu den Risikogruppen.
Diagnose Glücksspielsucht
„Pathologisches Glücksspielen“ lautet der offizielle Fachbegriff laut Weltgesundheitsorganisation. Die WHO versteht darunter häufiges und wiederholtes Glücksspiel, das die Lebensführung des betroffenen Patienten beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen führt. „Der Übergang vom normalen zum problematischen beziehungsweise pathologischen Glücksspielverhalten ist fließend“, sagt Ilona Füchtenschnieder, Leiterin der Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht NRW. Es gibt Personengruppen, die besonders gefährdet sind, süchtig nach Glücksspielen zu werden. Zum Beispiel Jugendliche, deren Familie regelmäßig am Glücksspiel teilnimmt. Auch junge Männer mit und ohne Migrationshintergrund sind anfälliger als Frauen.
Einstieg – Sucht – Kriminalität
Der Einstieg in die Sucht ist bei vielen Betroffenen ähnlich: „Viele Glücksspieler, die in Beratung oder in die Therapie kommen, berichten, dass sie am Anfang einen größeren Gewinn hatten“, berichtet Ilona Füchtenschnieder. Wer gewinnt, möchte diese Erfahrung wiederholen. „Viele hatten den ersten Kontakt zum Glücksspiel auch eher zufällig in einer Gaststätte oder mit Freunden, häufig auch mit den Eltern.“ Doch auf Dauer kennen Glücksspielautomaten und Spielcasinos nur einen Gewinner: den Betreiber des Lokals oder der Automaten. Folgen der Glücksspielspielsucht sind zerstörte Ehen, hohe Verschuldung, Verlust des Arbeitsplatzes und Straftaten zur Deckung des Geldbedarfs. „Glücksspielsüchtige sind im Vergleich zu anderen Suchtkranken die am höchsten verschuldete Gruppe“, so Ilona Füchtenschnieder.
Ilona Füchtenschnieder, Leiterin der Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht NRW
© Uni Münster
Alarmierender Anstieg
Glücksspiel ist in Deutschland generell verboten. Das besagen die Paragraphen 284 bis 297 des Strafgesetzbuchs. Legal ist es dann, wenn es mit staatlicher Konzession nach dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) angeboten wird. Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik gab es im Jahr 2023 insgesamt 5.281 Fälle im Bereich des illegalen Glücksspiels. Damit haben sich die Delikte im Vergleich zum Vorjahr fast verdreifacht (2022: 1.861 Fälle). Ein Blick auf frühere Jahre verdeutlicht die Brisanz der Situation: Zwischen 2020 (762 Fälle) und 2023 haben sich die erfassten Fälle des illegalen Glücksspiels um rund das Siebenfache erhöht (+593 Prozent), während im Vergleich zu 2016 (555 Fälle) und 2017 (504 Fälle) sogar eine Verzehnfachung festzustellen ist. Immerhin: Die Aufklärungsquote für unerlaubtes Glücksspiel ist hoch und liegt laut offiziellen Zahlen bei 97,3 Prozent (5.137 Fälle). Allerdings sind hier nur die Fallzahlen einberechnet, bei denen auch eine Anzeige zugrunde liegt. Die Dunkelziffer ohne eine entsprechende Anzeige dürfte ebenfalls sehr hoch sein.
Neuer Glücksspielstaatsvertrag
Am 1. Juli 2021 trat ein neuer Glücksspielstaatsvertrag in Kraft. Er schafft eine einheitliche Gesetzeslage für ganz Deutschland. Bisher verbotene Glücksspiele im Internet wie virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele sind nun unter restriktiven Voraussetzungen erlaubt. Ziel ist es, den Schwarzmarkt einzudämmen. Gleichzeitig wird vermehrt gegen Spielsucht vorgegangen. Kriminalität, Betrug und Manipulation sollen eingedämmt werden. Für Netz-Glücksspiele ist zwingend ein Spielkonto erforderlich. Dafür müssen sich Spieler identifizieren und authentifizieren. So sollen Minderjährige ausgeschlossen werden. Außerdem dürfen Spieler grundsätzlich nur bis zu 1.000 Euro im Monat auf das Spielkonto einzahlen und diesen Betrag nutzen. Eine Gemeinsame Glücksspielbehörde der Bundesländer in Halle/Sachsen-Anhalt hat am 1. Juli 2021 ihre Arbeit aufgenommen. Ihre Aufgabe ist die Glücksspielaufsicht, besonders im Bereich des Internets.
Online-Angebote bieten besonders hohes Suchtpotenzial
Aus suchtpräventiver Sicht sind Online-Angebote besonders gefährlich, da es kaum Möglichkeiten gibt, sich diesen zu entziehen. Surft man im Internet, muss man nicht einmal mehr die entsprechenden Seiten aufrufen, um nach vorheriger Nutzung erneut mit Glücksspielen konfrontiert zu werden: „Plug-In-Werbung“ sorgt dafür, dass früher genutzte Angebote als Werbung angezeigt werden. Zudem ist eine Kontrolle kaum möglich: Für Minderjährige und gesperrte Spielerinnen und Spieler ist es im Internet deutlich leichter, an Glücksspielen teilzunehmen.
Wege aus der Spielsucht
Der erste Schritt ist, sich einzugestehen, dass es so nicht weitergehen kann. Der zweite Schritt wäre, sich jemandem anzuvertrauen. Das kann ein Freund sein, ein Familienmitglied oder ein Suchtberater. Wer es anonym möchte, kann sich an die kostenlose Infoline Glücksspielsucht NRW wenden (Tel. 0800/0776611). Es gibt in fast allen Bundesländern Beratungsstellen, die sich auf die Behandlung der Glücksspielsucht spezialisiert haben.
Kurzer Selbsttest
Wer mehr als zwei Aussagen mit Ja beantwortet, sollte sich Hilfe holen:
- Ich denke oft ans Spielen, verspüre einen inneren Spieldrang.
- Ich kann erst aufhören, wenn ich kein Geld mehr habe.
- Verlieren ist eine Niederlage, die ich wettmachen möchte.
- Zur Geldbeschaffung habe ich schon gelogen und betrogen.
MW/SBa/KF (Stand: 31.01.2025)