Problemlösung und Selbsterfahrung
Nicht nur über Probleme reden, sondern damit umgehen
Auch wenn jeder Workshop ein bisschen anders ist, kehren bestimmte Elemente immer wieder. So gibt es zu Anfang stets eine Aufwärmphase, die einen sanften Einstieg in die Theaterarbeit ermöglicht und vorab zeigen soll: Worum geht es und was darf ich? „Denn es ist ja ein ganz anderer Kontext als in der Schule“, erklärt die Expertin. In Rollenspielen können sich die Kinder in verschiedene Konfliktsituationen hineinversetzen und gemeinsam nach Lösungswegen suchen. Dadurch merken sie, dass es immer mehrere Lösungen für ein Problem gibt. „Die verbale Konfliktlösung ist die eine. Wir geben den Kindern aber gleichzeitig auch Strategien an die Hand, wie sie zum Beispiel mit Wut oder Hilflosigkeit umgehen können. Denn man kann ja auch nicht alles ‚wegreden‘. Es wird erklärt, dass man sich kurz zurückziehen, überlegen und runterfahren kann, bevor man handelt.“ Doch es geht nicht nur darum, Strategien zu vermitteln, mit denen sich die Kinder selber helfen können. Sie lernen auch, dass sie sich immer an jemanden wenden sollten, wenn sie mit einem Problem nicht alleine zurechtkommen.
Indirektes Lernen wird gefördert
Was das Theaterspiel – unabhängig von den vermittelten Inhalten – zu einer besonderen Form der Gewaltprävention macht: In den Übungen wird von ganz alleine das soziale Miteinander geübt. „Wir sagen natürlich während des Workshops immer mal wieder, dass sich die Kinder gegenseitig zuhören und ausreden lassen sollen. Das fördert die Konzentration, die Achtsamkeit und die Teamarbeit. In den Workshops werden automatisch soziale Kompetenzen vermittelt, ohne dass man direkt mit den Kindern darüber redet. Oft kommt dieser Impuls im Verlauf auch von den Kindern selber, denn sie spüren durch den anderen Umgang miteinander ein neues Interesse an den Gesprächsinhalten ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler“, erklärt Liese Barzilay.
Mal in andere Rollen schlüpfen
Insbesondere Grundschülerinnen und Grundschüler reagieren sehr positiv auf das Angebot. „Kinder in dem Alter sind sofort begeistert. Der Workshop ist ja auch ganz anders als der Unterricht in der Schule. Die Kinder erleben eine große Freiheit in dem Spiel“, berichtet die Expertin. Bei älteren Schülerinnen und Schülern, die bereits die weiterführende Schule besuchen, dauert es manchmal länger, bis sie auftauen und mit Interesse dabei sind, wie die Kulturpädagogin erläutert: „Die Aufwärmphase wird deutlich intensiver angeleitet. Es ist oft schwieriger, Jugendliche in ‚Bewegung‘ zu bringen, da dies als ‚uncool‘ gilt und sie Angst haben, sich peinlich zu verhalten oder sich vor den Mitschülerinnen und Mitschülern lächerlich zu machen. Hier muss ein sensibler Umgang gefunden werden, der im Jugendlichen wieder das ‚spielende Kind‘ weckt, das Freude am Ausprobieren hat. Altersentsprechend machen wir mit den Jugendlichen auch Rhetorik-Übungen: Wie spreche ich vor anderen Menschen und wie präsentiere ich mich – und wie nehmen mich andere wahr?“ Unabhängig vom Alter der Kinder ist die Möglichkeit, für kurze Zeit in eine andere Rolle schlüpfen zu können, ein ganz wichtiges Element. Die sozialen Strukturen, die insbesondere innerhalb eines Klassenverbands bestehen, brechen plötzlich auf. „Es ist verblüffend, was dadurch sichtbar wird. Ich bekomme von Lehrerinnen und Lehrern immer wieder die Rückmeldung, wie erstaunt sie darüber sind, da sie ihre Schülerinnen und Schüler plötzlich anders erleben.“ Denn im Rollenspiel wird der stille Schüler aus der letzten Reihe plötzlich zum extrovertierten Charakter – und andersherum. „Genau das ist die Qualität von Theater. Durch Ausprobieren und Experimentieren in verschiedenen Rollen entsteht die große Freiheit, sich selbst zu entdecken.“
Kontakt
TPZ Hildesheim
Liese Barzilay
Am Ratsbauhof 1c
31134 Hildesheim
MW (16.03.2018)
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