Tätertherapie ist Opferschutz
Pädosexualität heilen?
Das Projekt „Kein Täter werden“ der Charité Berlin beinhaltet ein kostenloses und durch die Schweigepflicht geschütztes Behandlungsangebot für Personen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen und/oder Kinderpornografie konsumieren und therapeutische Hilfe suchen.
Pädosexualität ist keine Krankheit, sondern eine sexuelle Disposition, die nicht verändert werden kann. Pädosexuelle haben sich diese Neigung nicht ausgesucht. Einem pädosexuell veranlagten Mann zu sagen, er dürfe keinen sexuellen Kontakt zu Kindern haben ist so, als würde man nicht pädosexuellen Erwachsenen ein Leben in sexueller Enthaltsamkeit abverlangen. Das Ziel einer Therapie muss aber sein, sexuelle Übergriffe auf Kinder zu verhindern und den Konsum von Kinderpornografie komplett einzustellen. Der Pädosexuelle muss dazu Strategien erlernen, um sein Verhalten zu kontrollieren. Nicht aufgrund von Zwang, sondern durch die eigene Motivation. Pädosexuelle können lernen, mit ihrer Neigung umzugehen – vorausgesetzt, sie haben den festen Willen dazu. Das bedeutet aber auch, dass sie ein Leben führen müssen, das ihrer sexuellen Natur keinen Raum lässt. Jürgen Lemke erklärt: „Der Pädosexuelle braucht einen neuen Lebensinhalt. Bislang bestand dieser fast ausschließlich aus Kindern. Er muss sich ein komplett neues Umfeld schaffen – neue Freunde, vielleicht eine neue Wohnung und einen anderen Job. Außerdem können bestimmte Medikamente dabei helfen, den Sexualtrieb zu zügeln.“ Jürgen Lemke sieht die Tätertherapie als wirkungsvollen Ansatz, um künftigen Missbrauch zu verhindern. Denn bei vielen hat er damit Erfolg. „Auch wenn die innere Motivation bei manchen eher daher rührt, dass sie nie wieder zurück ins Gefängnis wollen, ist das ein Ansatz, mit dem man arbeiten kann“, so Lemke. Es gibt allerdings auch Tätergruppen, die als sehr schwer bis gar nicht therapierbar gelten. Ist ein Pädosexueller etwa extrem gewalttätig oder sadistisch veranlagt, besteht meist keine Chance auf einen Therapieerfolg. Für diese Täter kommt dann in der Regel nur ein lebenslanger Aufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie in Frage.
Mehr Anlaufstellen für Täter und Opfer
Hilfsangebote für Pädosexuelle gibt es wenige. Dabei ist es wichtig, gerade Jugendlichen Anlaufstellen zu bieten. Jürgen Lemke erklärt: „Man weiß nicht genau, warum manche Menschen pädosexuell sind und andere nicht. Das lässt sich nicht an einzelnen Faktoren festmachen. Häufig macht sich eine pädosexuelle Neigung aber schon während der Pubertät bemerkbar. Diese Jugendlichen wissen dann oft einfach nicht, wohin sie sich wenden sollen. Pädosexualität ist ein Tabuthema.“ Die Jugendlichen verschweigen ihre pädosexuelle Neigung, weil sie wissen, dass die Gesellschaft sie dafür ächtet. Dabei wäre es wichtig, genau an diesem Punkt anzusetzen, damit es gar nicht erst zu einem Missbrauch kommt. „Wir brauchen auf diesem Gebiet einfach mehr Aufklärung – sowohl von Opfer- als auch von Täterseite. Das Thema muss in Fortbildungen für Psychologen, Lehrer und Trainer integriert werden. Auch im Schulunterricht sollte Pädosexualität thematisiert werden, um für das Thema zu sensibilisieren“, meint der Therapeut.
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