„Was man nicht kennt, macht einem Angst“
Werden Sie denn in Ihrer Rolle als Polizistin von der muslimischen Gemeinde akzeptiert?
Ich bin in meiner ganzen Zeit als Polizeibeamtin gerade von muslimischen Männern immer respektvoll behandelt worden, es hat nie Probleme gegeben. Dabei spielte es auch keine Rolle, ob es jüngere oder ältere bzw. modern oder traditionell eingestellte Männer waren. Auch Männer, die als Straftäter mit Migrationshintergrund mit der Polizei in Konflikt gekommen sind, haben mir immer Respekt entgegengebracht. Das hängt damit zusammen, dass die Männer in mir nicht in erster Linie die Frau sehen, sondern die Kommissarin. Und zwar die Kommissarin mit Migrationshintergrund. Da sind sie stolz drauf – und das sagen sie mir auch. Sie denken: „Das ist eine von uns. Die hat es geschafft, in Deutschland so eine Position zu bekommen. Und das auch noch als Frau.“ Aufgrund dieser positiven Erfahrungen habe ich mir auch zugetraut, die Stelle als Kontaktbeamtin anzunehmen – auch wenn ich vorher nicht wusste, wie die Imame in den Moscheen auf mich reagieren würden. Aber auch hier habe ich bislang nur gute Erfahrungen machen können. Eigentlich dauert es erfahrungsgemäß recht lange, um Vertrauen zur Polizei aufzubauen. Ich habe dieses Problem aber überhaupt nicht, mir ist der Zugang sehr leicht gefallen – nicht zuletzt, weil ich die Kultur kenne und die gleiche Sprache spreche.
Wie genau wirkt Ihre Arbeit denn innerhalb der Polizei?
Wenn die Bezirksbeamten in ihren Bereichen Fragen zu bestimmten Institutionen haben, dann können sie sich an mich wenden. Wir gehen auch gemeinsam zu Veranstaltungen oder ich organisiere eine Führung durch eine Moschee – um bei den Kollegen Verständnis für die muslimischen Gepflogenheiten zu wecken. Bei dieser Gelegenheit stelle ich sie auch den Vorständen und den Imamen der Moscheen vor. Wenn man sich persönlich kennt, ist das Verhältnis zueinander gleich viel vertrauter und die Atmosphäre viel entspannter.
Mit welchen Problemen wenden sich die Migranten und Migrantinnen an Sie?
Das ist unterschiedlich. Manche Frauen wenden sich an mich in Fällen von häuslicher Gewalt. Oder weil ihre Kinder Probleme haben – zum Beispiel, weil sie Straftaten begangen haben. Sie möchten nicht, dass ihre Kinder weitere Schwierigkeiten bekommen und bitten um Hilfe. Ein Imam hatte sich auch einmal bei mir gemeldet, weil ihm eine vermeintliche Koranschule in der Nähe auffällig vorkam. Dort fuhren am Wochenende immer Männer in Autos mit fremden Kennzeichen vor und unterrichteten Kinder. Er war sich nicht sicher, ob dort wirklich nur die Religion vermittelt wurde oder das Ganze extremistische Hintergründe hatte, und bat mich, dies zu überprüfen. Solche Hinweise werden von mir dann an die Staatsschutzstellen weitergeleitet. Viele Muslime leiden darunter, dass Extremisten den Islam dazu nutzen, um Angst und Terror zu verbreiten. Sie möchten nicht mit den Terroristen in einen Topf geworfen werden, sondern einfach nur friedlich ihrer Religion nachgehen. Sie haben selbst ein großes Interesse daran, dass islamistischer Terror bekämpft wird.
Was könnte Ihrer Meinung nach in der Zusammenarbeit noch verbessert werden?
Momentan ist es noch so, dass die Vorsitzenden der Moscheen zwar Deutsch sprechen, die Imame meist aber nicht. Dabei ist es sehr wichtig, dass auch sie gut Deutsch können. Dann können sie zum Beispiel Jugendliche, die hier in Deutschland aufwachsen, ganz anders ansprechen. Da wird aber bereits dran gearbeitet, viele besuchen schon Deutschkurse. Weiter würde ich mir wünschen, dass man noch mehr aufeinander zugeht und noch weiter Ängste und Vorbehalte abbaut. Denn je besser man sich kennt, desto größer ist das Vertrauen.
KL (26.05.2017)
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