< Einer von Hundert beißt an

Wege aus der rechtsextremen Isolation

Seit Februar 2001 gibt es beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz ein Aussteigerprogramm. Das von Mitarbeitern der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus betreute Programm zeigt potenziellen Aussteigern neue Perspektiven auf mit dem Ziel, ihr Leben in eigener Verantwortlichkeit ohne den Einfluss der rechtsextremistischen Szene zu gestalten. Bislang wurden etwa 130 Personen in das Aussteigerprogramm aufgenommen. Etwa 100 davon sind mittlerweile erfolgreich ausgestiegen. Zehn weitere Personen werden aktuell noch betreut.

Brüche in der Biografie

Anfangs bemerken die Berater bei den Ausstiegswilligen häufig eine hohe Gewaltbereitschaft. Viele wissen nicht, wie sich Konflikte friedlich bewältigen lassen. Sie orientieren sich lieber an einem „Führer“ für alle Lebenslagen und bevorzugen einfache Lösungen, auch wenn sich diese bei genauerem Hinsehen als unrealistisch erweisen. Fast alle Aussteiger haben erhebliche Brüche in ihrer Biografie: „Das kann die Scheidung der Eltern sein, eine kaputte Vater-Sohn-Beziehung, Alkohol- oder Drogenmissbrauch des Vaters, oder das Gefühl der Ausgrenzung im Schul- bzw. Ausbildungsbereich. Viele befinden sich in einer psychisch labilen Situation und nicht wenige haben ein Suchtproblem“, so Maximilian Lang. Wenn nötig, stellen die Aussteigerberater bei Bedarf entsprechende Kontakte zu Fachleuten her. Denn auch therapeutische Einrichtungen, Suchthilfeorganisationen und Anbieter von Anti-Aggression-Trainings sind Teil des Netzwerks.

Die Aussteiger-Hotline in Bayern

Die Rufnummer der Hotline ist die 089 / 2192 2767; die Mail-Adresse lautet aussteigerprogramm@stmi.bayern.de. Maximilian Lang: „Wer bei uns anruft oder eine Mail sendet, bekommt kompetente und vertrauliche Hilfe. Mit der Kontaktaufnahme springt der Ausstiegswillige über seinen Schatten und vollzieht den ersten Schritt auf dem Weg zurück in die demokratische Gesellschaft.“

Wie der Ausstieg aus einer Sekte

Rechtsextremisten leben häufig in einer sektenartigen Struktur. Sie sollen möglichst keine Kontakte zu Andersdenkenden pflegen. Das hat Auswirkungen auf ihre soziale Kompetenz. Der Griff zu Suchtmitteln jeglicher Art nimmt zu, besonders wenn man bei den Bemühungen um gesellschaftliche Akzeptanz anfangs frustrierende Erlebnisse hat. Maximilian Lang: „Die Stigmatisierung ehemaliger Rechtsextremisten geht gelegentlich derartige Irrwege, dass sich Aussteiger dafür bestraft fühlen, dass sie ihr früheres Doppelleben aufgegeben und sich zu ihrer Vergangenheit und dem nachvollziehbaren Ausstieg bekannt haben.“

Ein vergeblicher Versuch

Es gibt auch wenige Fälle, in denen die Begleitung nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat: Ein einschlägig Vorbestrafter hatte durch seine neue Freundin erstmals seit Jahren wieder Kontakt zu einer Person außerhalb der rechtsextremistischen Szene. „Durch intensive Betreuung konnte er für eine gewisse Zeit zur Selbstreflexion motiviert werden. Bestehende Zweifel an der rechtsextremistischen Ideologie konnten durch unsere Betreuung genährt werden“, erinnert sich Lang. Doch weil er überregional als Kameradschaftsführer und gewaltbereiter NPD-Aktivist bekannt war, wurde er von seinen Gesinnungsgenossen mit zahlreichen Anrufen und Mails bedrängt, als sie seine Verhaltensänderung bemerkten. „Der Betroffene war Waise, hatte keinerlei familiäre Kontakte. Auch am Arbeitsplatz und im Wohnumfeld waren Rechtsextremisten präsent. Die Szene war sein Leben. Daher war es so schwierig, eine soziale Integration in demokratisch gesinnte Gesellschaftsschichten zu erreichen.“

Die Betreuung musste leider nach mehreren Monaten wegen anhaltender Kontakte zu aktiven Rechtsextremisten beendet werden. „Er wurde seit mehr als acht Jahren in strafrechtlicher Hinsicht nicht mehr aktiv, ist allerdings noch immer als Rechtsextremist anzusehen“, bilanziert Maximilian Lang.

Ein erfolgreicher Ausstieg

Bis auf diese wenigen Ausnahmen konnte der Einsatz der Berater jedoch, wie im folgenden Fall, erfolgreich abgeschlossen werden: Der Rechtsextremist machte sich Gedanken über seine Zukunft, weil er gesundheitliche Probleme hatte und seinem handwerklichen Beruf nicht mehr nachgehen konnte. Außerdem fühlte er sich innerhalb der Kameradschaft ausgenutzt und wurde wiederholt körperlich attackiert. Um sich mehr Anerkennung zu verschaffen, verhielt er sich der Polizei gegenüber besonders aggressiv, was zu Ermittlungsverfahren und entsprechenden juristischen Folgen führte. Maximilian Lang berichtet: „Nach der Abklärung seiner Ausstiegsmotivation und einer Problemanalyse haben wir mit dem Arbeitsamt Kontakt aufgenommen und eine Umschulung eingeleitet.“ Der Aussteiger besuchte die Umschulung, erreichte ein sehr gutes Prüfungsergebnis als Techniker und wurde bei einem international tätigen Betrieb angestellt. Im Rahmen eines Abendstudiums machte er seinen Abschluss als Bauingenieur und ist inzwischen Leiter einer Niederlassung seines Arbeitgebers in Paris.

WL/FL (26.05.2017)

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