E-Scooter: Freizeitspaß mit Risiko
Stark gestiegene Unfallzahlen
Die Nutzung von E-Scootern ohne Helm ist gefährlich
© Akaberka/stock.adobe.com
E-Scooter polarisieren: Für manche sind sie Ausdruck eines modernen, urbanen Lebensgefühls, für die anderen ein ständiges Ärgernis. Vor allem junge Leute schätzen die Elektroroller. Eine Umfrage des ADAC im Juni 2022 ergab, dass jeder sechste Deutsche ab 16 Jahren E-Scooter fährt. Als Grund für die Nutzung wurde am häufigsten Fahrspaß genannt. Andererseits hat die Zahl Unfälle mit den Elektrorollern einen neuen Höchststand erreicht. 40 Prozent der Verunglückten waren dabei jünger als 25 Jahre.
Harter Wettbewerb bei Mietrollern
Paris hat die Notbremse gezogen. Nach einer Volksabstimmung hat die Verwaltung der Stadt beschlossen, den Verleih von E-Scootern zum 1. September 2023 vollständig zu verbieten. Erlaubt bleiben lediglich noch privat zugelassene Roller. Grund für die restriktive Maßnahme waren die vielen wild auf Bürgersteigen und Straßenrändern abgestellten Scooter, die vor allem Radfahrer und Fußgänger behinderten. Dazu kam, dass viele Fahrer sich nicht an die Verkehrsregeln hielten – häufig aus Unkenntnis darüber, welche besonderen Regeln für die E-Scooter gelten. In Deutschland ist ein Verbot durch einzelne Städte nicht möglich, denn dafür sind die Länder zuständig. In NRW etwa regelt das Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz die Verbreitung von Mietrollern. Die Städte dürfen jedoch selbst Regeln für den E-Scooter-Verleih erlassen. So können sie Gebühren für die Verleiher erheben oder die Zahl der Tretroller im Stadtgebiet beschränken. Tatsächlich sind die meisten elektrischen Roller als Mietgeräte im Umlauf. Offizielle Zahlen geben die Anbieter nicht heraus. Der größte Anbieter Tier Mobility soll etwa 80.000 Roller bundesweit betreiben. Gewinnbringend arbeitet der Marktführer jedoch nicht. Der Wettbewerb ist hart. Einige Anbieter haben sich schon zurückgezogen oder wurden übernommen. Kritik an den Rollern wird vor allem in den großen Städten laut. So beklagt Köln „vor allem das rücksichtslose Abstellen der E-Scooter“ sowie Vandalismus an den Geräten. Besonders verärgert ist Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller. Er schreibt, „dass ich die Roller verbieten würde, wenn ich könnte“. In seiner Stadt ist die Zahl der Mietroller sogar auf 8.400 reduziert worden.
Unfallquote in Großstädten besonders hoch
Sorgen bereiten vielen Verkehrsexperten die stark gestiegenen Unfallzahlen. 2022 wurde eine Steigerung der Unfälle mit Personenschäden um fast 50 Prozent auf 8.260 Fälle registriert. 11 Menschen kamen dabei zu Tode, 1.234 wurden schwer und 7.651 leicht verletzt. In den Großstädten ist die Zahl der Unfälle mit Personenschäden dabei am höchsten. Fast 65 Prozent geschehen in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern. 40 Prozent aller verunglückten E-Scooter-Nutzenden sind jünger als 25 Jahre. Die häufigsten Unfallursachen waren Alkohol sowie die Nutzung der falschen Fahrbahn oder der Gehwege. Viele Nutzer wissen nicht, dass sie mit ihrem elektrischen Tretroller Fahrradwege oder Schutzstreifen nutzen müssen. Falls diese nicht vorhanden sind, müssen sie auf Fahrbahnen oder Seitenstreifen ausweichen. Gänzlich verboten ist das Fahren auf Gehwegen. Auch das Fahren unter Alkoholeinfluss ist bei E-Scooter-Fahrerinnen und -Fahrern deutlich verbreiteter als bei den Nutzern anderer Verkehrsmittel. Bei Kontrollen stellte die Polizei bei 18 Prozent der E-Scooter-Nutzer Fahren unter Alkoholeinfluss fest. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum waren es bei den Fahrradfahrenden nur 8,2 Prozent und bei und bei zulassungsfreien Krafträdern wie Mofas, S-Pedelecs und Kleinkrafträdern 7,8 Prozent.
Auch ohne Regelverletzung ist E-Scooter-Fahren gefährlich
Fast scheint es, dass viele Nutzer E-Scooter als Verkehrsmittel nicht ernst nehmen. Das kann auch an den gesetzlichen Rahmenbedingungen liegen, die vergleichsweise niedrigschwellig sind. Da die Geschwindigkeit der elektrischen Tretroller auf 20 km/h begrenzt ist, unterliegt eine Fahrt nicht der Helmpflicht. Auch eine Führerscheinpflicht ist bislang nicht vorgesehen. Das Mindestalter für Fahrer beträgt 14 Jahre. Das alles führt dazu, dass die Risiken häufig unterschätzt werden. Besser wäre es, auch die Fahrt mit einem elektronischen Tretroller wie bei jedem anderen Verkehrsmittel in einem geschützten Raum, etwa auf einem Parkplatz, zu üben. Das empfiehlt die Stiftung Warentest. Sie rät auch zum Tragen eines Helms. Denn im Vergleich zu Fahrrädern besitzen E-Scooter wesentlich kleinere Räder und man macht kurze, oft ruckartige Lenkbewegungen. Wer die Höchstgeschwindigkeit von 20 Kilometern pro Stunde einmal ausreizt, wird das möglicherweise schon als ziemlich rasant empfinden. Man kann sich nicht sicher sein, in überraschenden Situationen schnell genug ausweichen und bremsen zu können. Deswegen sollte man sich mit den Bremsvorrichtungen und der Bremswirkung der verschiedenen Modelle erst einmal vertraut machen, bevor man auf Tempo und Strecke geht. Einmal unterwegs, kann jedes Hindernis auf der Straße eine Gefahr sein, etwa ein hoher Bordstein oder Kopfsteinpflaster. Auch wenn man sich an die Verkehrsregeln hält, kann man ohne Einwirkung von außen schnell stürzen. Dafür muss man nur kurz aus dem Gleichgewicht geraten. Neben dem Sturz an sich wird dann auch der Verkehr zur Lebensgefahr: Liegt man am Boden, kann es passieren, dass man angefahren oder überrollt wird.
Verwarngelder bei Benutzung des Gehwegs
Viele Spaziergänger fühlen sich vor allem in großen Städten massiv von den motorisierten Rollern bedrängt, doch Regelverstöße werden oft nicht geahndet. Dazu kommt, dass die Strafen nicht sehr hoch sind. Wer den Fußgängerweg benutzt, muss mit 15 Euro Verwarngeld rechnen. Je nach Behinderung, Gefährdung oder Sachbeschädigung können auch bis zu 30 Euro fällig werden. Neben der Fahrt auf dem Fußgängerweg sind die häufigsten Regelverstöße Fahrten unter Alkoholeinfluss. Viele E-Scooter-Fahrende meinen, sie dürften auch dann fahren, wenn sie getrunken hätten. Dabei gelten die gleichen Promillegrenzen wie bei Autos. Wegen ihres Motors sind elektrische Tretroller ein Kraftfahrzeug. Verboten sind auch Fahrten zu zweit oder die Nutzung eines in Deutschland nicht zugelassenen E-Scooter-Modells. Die gewerblichen Verleiher müssen für ihre Fahrzeuge eine Haftpflichtversicherung abschließen. Diese kommt für die Schäden auf, die durch die Roller verursacht werden. Allerdings sind diese Schäden nur teilweise versichert. Denn anders als bei der Kfz-Haftpflichtversicherung, bei denen geschädigte Dritte ihren Schaden immer ersetzt bekommen (Grundsatz der „verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung“), gilt dies bei E-Scootern nicht. Hintergrund: E-Scooter gelten im Vergleich mit PKW aufgrund ihrer Geschwindigkeitsbegrenzung als weniger gefährlich.
Welche Verkehrsregeln gelten?
Die Regeln für E-Scooter nach der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung im Überblick:
- E-Scooter können ab einem Alter von 14 Jahren genutzt werden. Es besteht keine Führerscheinpflicht.
- Wo es einen Radweg oder einen Radfahrstreifen gibt, müssen E-Scooter diesen benutzen. Ansonsten gehören E-Scooter auf die Fahrbahn.
- E-Scooter müssen eine Lenk- oder Haltestange besitzen und dürfen nicht schneller als max. 20 km/h fahren.
- Junge Menschen unter 21 Jahren und Führerscheinneulinge in der Probezeit dürfen unter Alkoholeinfluss überhaupt nicht E-Scooter fahren. Ansonsten gilt die Grenze von 0,5 Promille – wie für Autofahrer.
- E-Scooter müssen verkehrssicherheitsrechtliche Mindestanforderungen u. a. im Bereich der Brems- und Lichtsysteme, der Fahrdynamik und elektrischen Sicherheit erfüllen.
- E-Scooter sind versicherungspflichtig. Es gibt eine kleine Versicherungsplakette zum Aufkleben.
TE (27.10.2023)
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