Sexueller Missbrauch: Die Arbeit der Hilfsorganisationen
Kreative und innovative Präventionsarbeit
Ausreichende Mittel sind nicht nur für die Beratung, sondern auch für die Präventionsarbeit wichtig. Auf diesem Gebiet hat sich Zartbitter aus Köln einen besonders guten Ruf erarbeitet. Seit Jahren produziert der Verein unterschiedliche Materialien wie Broschüren, Bilderbücher, Comics oder Plakate, die das Thema sexueller Missbrauch kindgerecht darstellen. „Alle Materialien müssen so gestaltet sein, dass die Kinder alleine damit arbeiten und sich gegenseitig unterstützen können“, erklärt Enders. Der Grund: Längst nicht jedes Kind hätte zur Auseinandersetzung mit dem Thema einen adäquaten Erwachsenen in der Nähe. „Bei der Gestaltung passen wir uns gezielt der Jugendkultur an“, so die Geschäftsführerin. Zartbitter-Medien werden deshalb etwa von bunten Farben und witzigen Figuren dominiert. Sie erfreuen sich auch bei anderen Hilfsorganisationen großer Beliebtheit, weshalb Zartbitter-Materialien bundesweit in der Präventionsarbeit eingesetzt werden.
Ebenfalls überregional aktiv ist das Präventionstheater von Zartbitter, das vor allem in Schulen auftritt. Innovativ daran ist vor allem das Entwicklungsmodell. Dabei findet ein Transfer von theoretischen Überlegungen in Praxisanwendungen statt. Bevor Enders mit ihren Kolleginnen und Kollegen das Theaterstück „Click it“ entwickelt hat, war sie drei Jahre lang täglich mindestens eine Stunde in Kinder-Chatrooms unterwegs. Enders: „Ich habe mich über Nutzerprofile von Kindern eingeloggt und geschaut, was passiert. Über die Jahre bin ich dabei massenhaft mit sexuellen Inhalten und Kinderpornografie konfrontiert worden. So konnte ich dann aber auch Präventionsstrategien ausprobieren und verbessern.“ Zartbitter-Theaterstücke seien deshalb immer eine Antwort auf konkrete Praxisfälle. Einen anderen Ansatz um Kinder vor Pädophilen zu schützen, verfolgt Prof. Klaus Beier an der Berliner Charité. Der Sexualmediziner entwickelte ein geradezu revolutionäres Präventionsprojekt: Ins Zentrum seiner Arbeit stellt er nicht das Opfer, sondern den potentiellen Täter. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch im Dunkelfeld“ finden seit Juni 2005 Männer therapeutische Unterstützung, die auf Kinder gerichtete sexuelle Fantasien haben, aber keine Übergriffe begehen wollen. Für Barbara Schäfer-Wiegand ein wichtiger Schritt: „Der Täter ist seit Jahrhunderten geschützt, das Opfer aber nicht. Dabei muss man sich doch wirklich fragen: Wie kann ich bei diesen Tätern eine Gegenstrategie zum Schutz von Kindern entwickeln?“, so die Ex-Ministerin, die sich selbst intensiv mit der Täterforschung beschäftigt hat.
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