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24.05.2023

Achtung Videoüberwachung!

Vor der Installation die Rechtslage checken


Für die Videoüberwachung in Unternehmen gibt es klare Regeln

© Oleksandr/stock.adobe.com

 

Einbruchsgefahr, Diebstähle durch Supermarktkunden, Unterschlagungen durch Mitarbeiter – es gibt viele Anlässe für Unternehmer, einen Einsatz von Überwachungskameras zu erwägen. Doch neben technischen müssen auch rechtliche Fragen – etwa zum Datenschutz – vorab geklärt werden. Sonst kann eine Überwachungsaktion schnell zum Eigentor werden. Rechtsanwalt Christian Solmecke erklärt, welche Vorgaben Unternehmen, die Videoüberwachungstechnik einsetzen möchten, aus juristischer Sicht erfüllen müssen.

Offene Überwachung nur mit klarem Hinweis

Jedes zweite Unternehmen in Deutschland ist von Wirtschaftskriminalität betroffen. Auch die Anzahl von Einbrüchen und Übergriffen auf Mitarbeiter und Kunden steigt seit Jahren kontinuierlich. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Videoüberwachung von Gewerbe- und Industrieobjekten konstant zunimmt. Die Kameras können nicht nur dazu eingesetzt werden, um vor Einbruch, Spionage oder Vandalismus zur schützen, sondern auch zur Verbesserung der Arbeitssicherheit. Ohne einen konkreten Anlass darf aber grundsätzlich keine Videoüberwachung am Arbeitsplatz stattfinden. „Eine offene Überwachung ist nur dann erlaubt, wenn beispielsweise der Schutz vor Einbruch und Diebstahl dem Schutz der Interessen bzw. Privatsphäre der aufgezeichneten Personen überwiegt“, weiß Rechtsanwalt Christian Solmecke. Außerdem darf sie stets nur das letzte mögliche Mittel sein. Eine Überwachung ist nicht gerechtfertigt, wenn sich ihr Zweck auch durch ein milderes, gleich wirksames Mittel erreichen lässt. In der Praxis bedeutet das: Lässt sich beispielsweise ein Diebstahl auch einfach dadurch verhindern, dass man ein neues Schloss einbaut, darf man Mitarbeiter nicht flächendeckend mit Videokameras überwachen.

Alternativen zu Alarmanlagen nutzen?

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sollten Gewerbetreibende vor dem Einsatz von Überwachungskameras immer prüfen, ob es Alternativen gibt, die weniger einschneidend für die Betroffenen sind. Dies kann zum Beispiel die Installation einer Alarmanlage, der Einsatz eines Pförtners oder eines Security-Diensts sein. Fällt die Entscheidung zugunsten der Videokamera, muss der Chef genau mitteilen, wo und wann gefilmt wird und wie lange die Aufnahmen gespeichert werden. Christian Solmecke: „Jeder, der gefilmt wird, muss noch vor Betreten des Betriebsgeländes durch ein Hinweisschild über die Aufzeichnung informiert werden.“ Darauf müssen die Kontaktdaten des Verantwortlichen, Informationen über den Zweck, die Rechtsgrundlage, das berechtigte Interesse und die Dauer der Speicherung der Aufnahmen vermerkt sein. Alle Videoaufnahmen sollten spätestens nach 72 Stunden wieder gelöscht werden. Außerdem müssen Angestellte auf dem Schild darüber informiert werden, dass sie jederzeit ein Auskunfts- und Beschwerderecht haben. Vorlagen für ein entsprechendes Hinweisschild können Gewerbetreibende kostenlos im Internet herunterladen, unter anderem auf der Webseite der Landesbeauftragten für den Datenschutz (LfD) in Niedersachsen oder auf der Internetseite des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht (BayLDA).

Wo darf gefilmt werden?

Christian Solmecke, Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde, Beuger, Solmecke

© Wilde, Beuger, Solmecke

Gewerbetreibende, die eine oder mehrere Überwachungskameras in ihrem Unternehmen installieren möchten, sollten beachten, dass lediglich das eigene Betriebsgelände aufgezeichnet werden darf. „Der öffentliche Raum – wie zum Beispiel die Straße, die zum Gelände führt – ist tabu“, erklärt Solmecke. Zum Betrieb gehörende Außen- und Innenbereiche können aufgezeichnet werden, wenn – wie bereits angemerkt – keine Rechte der aufgezeichneten Personen entgegenstehen. Durchaus gestattet ist eine Überwachung sicherheitsrelevanter Bereiche, wie beispielsweise Tresorräume. Auch andere Stellen, an denen Geld oder Wertgegenstände aufbewahrt werden, wie öffentliche Verkaufsräume oder der Kassenbereich in Geschäften, dürfen mittels Kameras überwacht werden, sofern die Betroffenen informiert sind. „Wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Überwachung hat und dieses gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter überwiegt, darf er diese Bereiche im Zweifelsfall auch ohne die Zustimmung der Angestellten überwachen“, so der Rechtsanwalt. Doch auch wenn eine Videoüberwachung aus besonderen Gründen stattfinden darf – etwa am Bankschalter – und der Mitarbeiter nur zwangsläufig mitaufgezeichnet wird, ist es nicht erlaubt, die gewonnen Erkenntnisse über den Mitarbeiter zu verwerten. Keineswegs erlaubt ist außerdem eine Überwachung von Räumen, die überwiegend privat genutzt werden. Dies gilt in Betrieben insbesondere für Sozialbereiche wie Pausenräume, Umkleiden, Toiletten oder auch Raucherecken im Außenbereich. „Hier überwiegt ganz klar der Schutz der Intimsphäre“, so Solmecke.

Verdeckte Überwachung als klare Ausnahme

Die Polizei bietet in fast allen Bundesländern vor Ort über das Netz der kriminalpolizeilichen Beratungsstellen Unterstützung bei der Planung und Umsetzung von Videoüberwachungsanlagen an. Dort können sich auch Gewerbetreibende kostenlos beraten lassen. Polizeiliche Experten begutachten Gelände und Gebäude und geben konkrete Hinweise zum Aufbau der Anlage.

Um Täter bei einem akuten Diebstahlverdacht auf frischer Tat zu ertappen, kann eine verdeckte (heimliche) Videoüberwachung zielführender sein, als eine offene Überwachung. Denn hier würde ein Hinweis auf die Kameras den Täter abschrecken und somit die Aufklärung der Straftat erschweren. Das Bundesarbeitsgericht hat aus diesem Grund klargestellt, dass in Ausnahmefällen auch eine heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz zulässig sein kann. Die Anforderungen sind allerdings hoch: „Nur, wenn eine Straftat aufgeklärt werden soll und dies die einzige Möglichkeit ist, dem Täter auf die Spur zu kommen, kann eine heimliche Überwachung erlaubt sein“, erklärt Solmecke. „Dazu müssen Tatsachen vorliegen, die einen konkreten Verdacht belegen. Außerdem darf die verdeckte Überwachung nur kurzfristig und ausschließlich in Räumen stattfinden, die nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind – wie beispielsweise Lager.“ Konkret bedeutet das: Wenn ein Arbeitgeber etwa feststellt, dass in einer Werkshalle immer wieder Kleinteile verschwinden, muss er zunächst Taschenkontrollen durchführen oder Detektive einsetzen. Erst wenn das zu keinem Ergebnis geführt hat, darf eine verdeckte Kamera installiert werden – aber nur für einen eng begrenzten Zeitraum von etwa ein oder zwei Wochen. Im Vorfeld muss in jedem Fall die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt werden. KF (27.04.2023)

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