Archiv

< Fit im digitalen Alltag
11.11.2021

Fördern und fordern statt strafen

Warnschussarrest als Ergänzung zur Bewährungsstrafe


Therapieangebote sind fester Bestandteil des Jugendarrests

© Photographee.eu/stock.adobe.com

 

Seit 2013 gibt es in Deutschland den Warnschussarrest. Das ist eine Form des Jugendarrests, den Gerichte verhängen können, wenn eine Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Der Warnschussarrest soll straffälligen Jugendlichen das Unrecht ihrer Straftat nachdrücklicher bewusst machen. Kerstin Buckup, die Leiterin der Jugendarrestanstalt Verden, sieht im Warnschussarrest weniger eine abschreckende Maßnahme als vielmehr die Möglichkeit, direkt auf die Jugendlichen einzuwirken, um ihrem Leben eine neue Richtung zu geben und sie so vor einer kriminellen Karriere zu bewahren.

Optionen für Zukunft entwickeln

Patrick (Name geändert) war 17, als er einen vierwöchigen Warnschussarrest verbüßen musste, den er in Verbindung mit einer einjährigen Jugendstrafe auf Bewährung erhalten hatte. Hintergrund waren Vergehen wie Diebstahl, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch. Zu Beginn des Arrests fiel Patrick durch Aggressivität und eine totale Verweigerungshaltung auf. Das wirkte so bedrohlich, dass der Jugendliche von allen anderen abgesondert untergebracht werden musste. „Die neue Situation hatte Patrick total überfordert, sodass er mit in Kindheit und Jugend gelernten Mustern reagiert hat, also Aggression und Verweigerung“, erklärt Kerstin Buckup das Verhalten des Jugendlichen. „Neues“ stellte für Patrick zunächst einmal eine Bedrohung dar, denn Stabilität hat er in seiner Kindheit nicht kennengelernt. Die Familiensituation war prekär: Trennung der Eltern, Partnerwechsel, viele Umzüge und finanzielle Probleme. Bereits kurz nach der Geburt fielen Entwicklungsverzögerungen auf. Dazu kamen Zeichen der Vernachlässigung sowie physische und psychische Verletzungen. Ab dem dritten Lebensjahr wurde Patrick durch Jugendhilfeeinrichtungen betreut. Immer wieder kam es wegen seines aggressiven Verhaltens zu stationären Aufenthalten in der Psychiatrie. Zum Zeitpunkt des Arrestantritts hatte er weder einen festen Wohnsitz noch einen Schulabschluss oder ein Einkommen.

Kerstin Buckup, Leiterin Jugendarrestanstalt Verden

© Privat

„Zunächst einmal mussten wir Vertrauen zu dem Jungen aufbauen“, erzählt Buckup, die von Haus aus Sozialarbeiterin und -pädagogin ist. „Wir haben fortlaufend Gesprächsangebote durch Stationsbedienstete oder dem Sozialen und Psychologischen Dienst gemacht. Schließlich konnte eine Psychologin Zugang zum ihm finden.“ Es hat fast drei Wochen gedauert, bis Patrick bereit war, in Einzelgesprächen über die Ursachen seiner Straffälligkeit, seiner Aggressionen und seiner persönlichen Probleme zu sprechen. Schon während seiner Arrestzeit hat er selber Kontakt zu seiner Bewährungshilfe aufgenommen, dem Ambulantem Justizsozialdienst, um die Weichen für die Zeit nach seiner Entlassung zu stellen. „Natürlich ist es bei Patrick und seinen bisherigen prägenden Lebenserfahrungen schwierig, eine Prognose aufzustellen, wie nachhaltig sich der Arrest auf seinen weiteren Werdegang auswirken wird“, merkt die Anstaltsleiterin nachdenklich an. Aber dieser Fall mache deutlich, worauf es ankommt: „Es geht nicht vorrangig um Strafe, sondern darum, jeden Arrestanten als Individuum zu sehen. Pauschale Rezepte gibt es nicht. Die Jugendlichen müssen da abgeholt werden, wo sie in ihrer Lebenssituation stehen“, meint Buckup. Gemeinsam sollten dann Lösungen für ihre Probleme gesucht und Optionen für die Zukunft entwickelt werden. „Im Idealfall schaffen wir ein Netz, etwa zusammen mit der Bewährungshilfe, dass auch nach dem Arrest den Jugendlichen trägt“, fasst Kerstin Buckup zusammen.

Seite: 12weiter >>

Weitere archivierte Kurznachrichten

04.02.2020

Facebook verstößt gegen Datenschutzrecht[mehr erfahren]

04.02.2020

Besserer Schutz von Kindern in Social Media nötig[mehr erfahren]

04.02.2020

GdP: Schärfere Regeln für Verkehrsrowdys reichen allein nicht aus[mehr erfahren]

22.01.2020

ACE informiert über Risiken[mehr erfahren]

22.01.2020

LKA warnt vor hohem Wirkstoffgehalt[mehr erfahren]

10.01.2020

Sicher unterwegs[mehr erfahren]

10.01.2020

Jetzt teilnehmen![mehr erfahren]

10.01.2020

Mehr Schlaganfälle durch Cannabiskonsum?[mehr erfahren]

16.12.2019

Phishing-Alarm bei Netflix & Co.[mehr erfahren]

16.12.2019

Das ändert sich im Jahr 2020[mehr erfahren]

16.12.2019

Fälschungen unterm Weihnachtsbaum[mehr erfahren]

06.12.2019

EU-Drogenmarktbericht 2019 veröffentlicht[mehr erfahren]

06.12.2019

DVR und BMVI starten Seniorenkampagne[mehr erfahren]

06.12.2019

Neue BKA-Auswertung erschienen[mehr erfahren]