Cybercrime – intensiv
Gewalt am Arbeitsplatz
Einfluss des gesellschaftlichen Wandels
Die Tatsache, dass die Anzahl der gemeldeten Fälle seit 2012 deutlich gestiegen ist (2012: 8.534 Fälle), muss nach Einschätzung von Anne Gehrke mit Vorsicht interpretiert werden. Daraus könne man nicht automatisch schließen, dass die Menschen gewaltbereiter geworden seien. „Hier spielen viele Faktoren zusammen: gesellschaftliche, soziale und auch wirtschaftliche Entwicklungen. Soziale Strukturen sind, beispielsweise durch Mobilität, meist nicht mehr so eng ausgeprägt. Das Lebensumfeld wird anonymer. Der Grad der Individualisierung nimmt zu, die Bedeutung von sozialen Werten und Beziehungen dagegen ab.“ Aber auch positive Entwicklungen tragen zu den Veränderungen bei, erklärt die Expertin: „Beispielsweise sind die Beschäftigtenzahlen gestiegen und es wurde sehr viel Präventionsarbeit betrieben. Viele Menschen sind dadurch besser informiert sowie sensibilisiert und zeigen Übergriffe eher an.“
Folgen für die Betroffenen
Prellungen, Verstauchungen oder Hautverletzungen sind die häufigsten Folgen von Gewaltunfällen. Auch wenn die körperlichen Spuren mit der Zeit meist verheilen, leiden viele noch lange unter den Übergriffen. Langfristige Folgen von physischer und psychischer Gewalt, aber auch von traumatischen Erlebnissen wie einem Überfall sind insbesondere Belastungsstörungen, Angstzustände oder Schlafprobleme. In Einzelfällen können auch psychische Erkrankungen wie eine Depression die Folge sein.
Unternehmen, die den Arbeitsalltag ihrer Angestellten so sicher wie möglich gestalten möchten, können sich von den zuständigen Unfallversicherungsträgern oder Institutionen wie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin beraten lassen. Werden Beschäftige zum Opfer einer Straftat, sollte auch die Polizei informiert werden.
Angestellte vor Angriffen schützen
Unternehmen sollten jeden Vorfall, ob meldepflichtig oder nicht, ernst nehmen und ein offenes Ohr für die Beschäftigten haben. Zudem ist es wichtig, Maßnahmen zur Prävention zu etablieren. Dazu dient eine Gefährdungsbeurteilung und die damit verbundene Maßnahmenhierarchie im Arbeitsschutz. Es greift das sogenannte TOP-Prinzip: technische und organisatorische Maßnahmen stehen vor Maßnahmen auf der Personenebene. Technische Maßnahmen wie Notrufsysteme, Fluchtwege oder Zugangskontrollen dienen dazu, den Tatanreiz zu senken und das Risiko für den Täter zu erhöhen. „Mitarbeiter sollten zum Beispiel Möglichkeiten haben, in kritischen Konfliktsituationen zu fliehen oder Hilfe zu holen“, erklärt Anne Gehrke. Auch organisatorische Maßnahmen spielen eine wichtige Rolle. Dazu zählt etwa, Einzelarbeit zu vermeiden. „Bei schwierigen Patienten sollten die Betreuer oder das Pflegepersonal zum Beispiel keine Einzelbesuche machen“, sagt die Expertin. Zur letzten Stufe, der Personenebene, zählen wiederum Maßnahmen wie arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen oder Sicherheitsunterweisungen.
MW (29.03.2018)
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