Cybercrime – intensiv
Kokainlieferung im Körper
Hans-Jürgen Schmidt zeigt den Größenunterschied zwischen einem Schluckerbehältnis und einer Streichholzschachtel
© Zollfahndungsamt Frankfurt am Main
Aus der Not heraus
Wer sich bereit erklärt, seinen Körper als Transportmittel zu nutzen, hat es in der Regel auf die Bezahlung abgesehen. „Professionelle Kuriere machen das ein- bis zwei Mal im Jahr, dann haben sie ihren Jahresverdienst in der Tasche“, erklärt Hans-Jürgen Schmidt. Andere befinden sich in einer Notsituation und brauchen dringend Geld, beispielsweise für eine teure ärztliche Behandlung oder um das Schulgeld für die Kinder zu bezahlen. Wer als Kurier tätig wird, übt das Schlucken der Plastikbeutel zunächst an kleineren Objekten wie Weintrauben, Pflaumen oder zurechtgeschnittenen Möhren. Vor der Abreise werden dann die Drogenpäckchen verabreicht. Die Behältnisse sind in der Regel maschinell in Polyethylenfolie verpackt. Bei weniger professionellen Hintermännern werden aber auch schon mal die Finger von Gummihandschuhen abgeschnitten und befüllt. Ein Kokainbeutel wiegt meist acht bis zehn Gramm. „Vor einige Tagen konnten wir jedoch einen Afrikaner am Flughafen aufgreifen, bei dem die Beutel ein Gewicht von 20 Gramm hatten“, berichtet Schmidt. Um die Ware nicht schon während des Transports auszuscheiden, werden den Kurieren magen- und darmberuhigende Medikamente verabreicht. „Das klappt aber nicht immer. Gelegentlich kommen die Beutel schon auf der Reise wieder heraus und müssen dann im Handgepäck versteckt werden. Manchmal können die Körperschmuggler auch einfach nicht alles auf einmal schlucken. Dann wird das Kokain in der Unterwäsche oder im Koffer verstaut“, fügt der Experte hinzu.
Am Anfang ist es nur eine Vermutung
Die Kuriere, die am Frankfurter Flughafen landen, sind in etwa zwei Drittel der Fälle männlich. Da sich das „Bodypacking“ nicht mithilfe der üblichen Sicherheitschecks aufdecken lässt, werden Daten ausgewertet und mit so genannten Risikoprofilen abgeglichen. Diese geben den Zollbeamten Hilfestellung, bei welchen Merkmalen von Reisenden die Vermutung auf Schmuggel bestehen könnte. „Steigt beispielsweise jemand aus dem Flugzeug, der einen teuren Anzug und dazu abgetragene Schuhe anhat, ist die Person in sich nicht schlüssig. Das wäre ein Anhaltspunkt, denjenigen zu kontrollieren“, erklärt Hans-Jürgen Schmidt. Ist eine Person in das Visier des Zolls geraten, wird ein Drogenschnelltest durchgeführt. Damit können selbst kleinste Kokainpartikel im Körper festgestellt werden. Bei Verdachtserhärtung wird das Ergebnis durch einen Urintest geprüft. „Erst wenn dieser positiv ausfällt, handelt es sich nicht mehr um eine Vermutung, sondern um einen Verdacht. Dann muss ein Ermittlungsrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine körperliche Untersuchung mit Röntgen anordnen. Nur so lassen sich die Päckchen im Körper erkennen“, führt der Experte weiter aus. Sofern ein Arzt seine Zustimmung erteilt hat, wird den Kurieren ein Abführmittel angeboten, um die Päckchen so schnell wie möglich auszuscheiden. Dafür steht am Frankfurter Flughafen die so genannte „Schluckertoilette“ zur Verfügung – eine maschinelle Spezialtoilette, die die Kokainbeutel auffängt und reinigt. Kann nicht bis zum Ablauf des Folgetages nach ihrer Festnahme alles ausgeschieden werden, verlegt man die Kuriere im Rahmen ihrer Untersuchungshaft in ein Krankenhaus. Ein abschließendes Röntgen zeigt, ob sich wirklich keine Beutel mehr im Körper befinden. Einem „Bodypacker“ drohen, je nach geschmuggelter Menge und Tatmotiv, etwa drei bis vier Jahre Haft. „Die Auftraggeber müssen mit teils deutlich höheren Strafen von mehr als fünf Jahren rechnen. Handelt es sich um bandenmäßigen Schmuggel, so ist das strafverschärfend. Hier fallen die Strafen sogar noch höher aus“, fügt Schmidt hinzu.
MW (31.03.2017)
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