Zivilcourage im Schnellkurs
Simulation von Gefahrensituationen
Für die Kursleiter hat das Kommissariat 105 im Münchener Polizeipräsidium als Koordinationsstelle einen Ordner mit genauen Unterlagen zu allen Unterrichtseinheiten erarbeitet. Jeder Kurs dauert rund vier Stunden und besteht aus drei Modulen: Recht, Theorie und Praxis.
Der wichtigste Teil ist der dritte, der den praktischen Übungen vorbehalten ist: In diesem Modul des Polizeikurses simulieren die Teilnehmenden brenzlige Situationen. Stühle werden so hingestellt, wie die Sitzplätze in einem Bus oder einer U-Bahn angeordnet sind : „Dann lassen wir Teilnehmer „einsteigen“, und die Trainer simulieren einen Übergriff oder machen einen der Fahrgäste etwas an“, berichtet Arno Helfrich: „Wir schauen dann, wie die Teilnehmer reagieren und agieren und anschließend wird darüber gesprochen, wie die Gefühlslage der Opfer und der Zuschauer war.“ Diese Situation lässt kaum einen kalt: „Auch wenn die Leute wissen, dass das nur eine Spielsituation ist, empfinden sie es so, als ob es Realität wäre. Sie bekommen Schweißausbrüche oder erzählen anschließend sehr offen von eigenen Erlebnissen.“
Neben dem Durchspielen einer Bedrohung in Bus oder U-Bahn erhalten die Kursteilnehmer noch praktische Tipps: „Wir zeigen den Leuten, wie man frühzeitig agieren kann, um eine bedrohliche Situation im Keim zu ersticken. Wir zeigen anhand eines kleines Schlagkissens, wie sich ein Abwehrschlag anfühlt, wenn man ihn ausführt.“ Auch eine „Stopp“-Übung gehört zum praktischen Teil. Viele Menschen haben noch nie in ihrem Leben anderen gegenüber laut „Stopp“ gerufen – im Polizei-Kurs können sie es ein erstes Mal ausprobieren.
Auf gefährliche Situationen vorbereitet sein
„Klick“ macht es bei den meisten Teilnehmenden bei der praktischen Übung, weiß Arno Helfrich. Denn jeder hat schon mal so eine Situation selbst erlebt oder beobachtet und musste eine Entscheidung treffen. Man kennt ja die üblichen Ausreden: „Es geht mich nichts an“ oder: „Vielleicht kennen die sich ja untereinander“.
Viele Teilnehmer sind überrascht, wie banal die Tipps sind, die die Polizei gibt. Arno Helfrich: „Aufmerksam sein und die 110 ins Handy tippen ist eine einfache Geschichte. Man muss nur in der konkreten Notsituation auch darauf kommen.“
Die Teilnehmer werden im Kurs dazu aufgefordert, sich einmal in Ruhe die bestmögliche Reaktion zu überlegen, wenn sie zum Beispiel auf dem Heimweg verfolgt oder bedroht werden. Können sie unsichere Wegstrecken vermeiden? Wo können sie Hilfe holen? Wie würden sie das im konkreten Fall am besten machen? Wer sich das in einer ruhigen, unbedrohten Situation im Kurs überlegt hat, geht positiv und gestärkt aus dem Polizei-Kurs heraus.
Kontakt
Polizeipräsidium München
Kommissariat 105
Prävention/Opferschutz
Bayerstraße 35-37
80335 München
Tel: 089 2910-4461
Hilfreiche Hasenfüße
Man muss den Täter nicht unbedingt gleich anschreien oder ihn aus der Reserve locken. Es reicht, in der U-Bahn den Fahrer zu verständigen, gegebenenfalls die Notbremse zu ziehen oder über die 110 die Polizei herbeizurufen. Das klingt erst einmal selbstverständlich, aber gerade dazu haben viele Kursteilnehmer Fragen: „Was ist überhaupt ein Notfall?“ oder: „Wenn ich jetzt die Notbremse ziehe, dann darf ich am Ende alles zahlen, was an Kosten entsteht?“ Diese Fragen können die Kursleiter klar beantworten: „Wenn es für mich ein Notfall ist, dann hole ich die Polizei, wen denn sonst“, meint Arno Helfrich. Und dann müsse man auch keinen Schadenersatz für das Ziehen der Notbremse leisten.
Um Zivilcourage zu zeigen, braucht man sich nicht unbedingt in körperliche Gefahr begeben. Arno Helfrich: „Der Hasenfuß ist mir lieber als der Held, aber der Hasenfuß hat ein Handy dabei. Er hat große Löffel und muss telefonieren können.“
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