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Das Leid kirchlicher Missbrauchsopfer

Seit dem Januar des Jahres 2010 wird der Missbrauch von Jungen und Mädchen durch Geistliche der katholischen Kirche öffentlich diskutiert. Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg, einer vom Jesuitenorden geführten Eliteschule, brachten den Stein ins Rollen. Bundesweit meldeten sich Opfer, zum Teil Jahrzehnte nach den Taten, die sie selbst lange Zeit verdrängt hatten.

Die Aufarbeitung ist ein Langzeitprojekt


Die Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche werden nur langsam aufgearbeitet

© Zacarias da Mata/stock.adobe.com

 

Seit dem Januar des Jahres 2010 wird der Missbrauch von Jungen und Mädchen durch Geistliche der katholischen Kirche öffentlich diskutiert. Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg, einer vom Jesuitenorden geführten Eliteschule, brachten den Stein ins Rollen. Bundesweit meldeten sich Opfer, zum Teil Jahrzehnte nach den Taten, die sie selbst lange Zeit verdrängt hatten.

Jahrelang war es Matthias Katsch nicht bewusst, dass er als Schüler am Canisius-Kolleg von zwei Patres missbraucht worden war. Erst als er einem der Patres nach vielen Jahren wieder begegnete, stellten sich die Erinnerungen ein, die ihn danach nicht mehr losließen. „Ich stand da vor der verstaubten Kiste mit den Erinnerungen und verstand auf einmal, jetzt, als Erwachsener, die ganze Geschichte“, berichtete Katsch bei einer öffentlichen Veranstaltung in Düsseldorf im September 2023. Katsch war einer der ersten Missbrauchsopfer, die sich damals an Pater Klaus Mertens wendeten, den Rektor des Canisius-Kollegs. Der schrieb daraufhin ehemalige Schüler an, um den ganzen Umfang der Missbrauchsfälle aufzudecken. Seitdem begleitet das Thema Matthias Katsch weiter. Er gehört zu den Initiatoren der Betroffeneninitiative „Eckiger Tisch“. Ihr Ziel ist die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle, Hilfe für die Betroffenen sowie eine angemessene Entschädigung für die ihnen zugefügten Schäden. Katsch ist auch Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs. Im April 2021 bekam er für sein Engagement das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Die Täter nutzen ihre Überlegenheit aus

Der Missbrauch an der Schule konnte über einen längeren Zeitraum erfolgen und auch jahrelang danach unentdeckt bleiben, weil die Täter ihre jugendlichen Opfer unter einen enormen moralischen Druck setzten. Matthias Katsch: „Die Täter gingen strategisch vor. Ich war lange Zeit der Meinung, ich bin allein mit dem, was ich erlebt habe. Ich brauchte das Verständnis eines Erwachsenen, um rückblickend die Vorgehensweise zu durchschauen. Aber damals konnte ich das nicht, ich konnte nicht weglaufen.“ Um ihre Opfer moralisch unter Druck zu setzen, sprachen die Patres mit den Schülern zum Beispiel darüber, dass Selbstbefriedigung eine Sünde sei. So brachten sie die Opfer wie Matthias Katsch dazu, beim Missbrauch weiter mitzumachen: „Da war die Scham, dass ich so dumm war, dass ich nicht Nein gesagt habe. Die Schuld, weil Sexualität doch sündhaft sei, wie man uns einredete.“ Viele kirchlichen Täter sagten zum Beispiel „Niemand wird dir glauben“ oder „Es ist auch dein Wille. Du hast mich verführt". Außerdem drohten sie den Kindern und Jugendlichen Strafen an. Das Aufdecken der Missbrauchsfälle am Canisius-Kolleg war nur der Anfang. Nicht nur in kirchlichen Schulen, sondern auch in vielen Gemeinden wurden mehr und mehr Missbrauchsfälle bekannt. Dabei sind nicht nur Jungen, sondern auch Mädchen Opfer priesterlicher Gewalt geworden.

Buchtipp

Matthias Katsch: „Damit es aufhört: Vom befreienden Kampf der Opfer sexueller Gewalt in der Kirche“, Nicolai-Verlag, Berlin 2020

Stockende Aufarbeitung

Lange Zeit wurden Missbrauchsfälle, die kirchenintern bekannt wurden, vertuscht. Betroffene Geistlichen wurden einfach in andere Städte versetzt, wo sie in vielen Fällen weiterhin Kinder und Jugendliche missbrauchten. Opfern wurde gesagt, dass ihre Anschuldigungen nicht glaubhaft seien. Diese Kultur des Schweigens wurde durch Menschen wie Matthias Katsch weitgehend aufgebrochen. Heute geben Bistümer Gutachten zu Missbrauchsfällen in Auftrag. Bischöfe entschuldigen sich für das Leid, dass Priester aus ihrem Bistum den Missbrauchsopfern angetan haben. Das Canisius-Kolleg in Berlin hat als Konsequenz aus den Missbrauchsfällen ein umfangreiches Präventionskonzept umgesetzt: „Die Veranstaltungen richten sich an Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern,“ heißt es auf der Website der Schule: „Das Präventionskonzept des Kollegs formuliert zudem klare Verhaltensanweisungen für Mitarbeitende und Rechte der Schülerinnen und Schüler.“ Und die kirchliche Aufklärung macht auch vor angesehenen Bischöfen und Kardinälen wie Franz Hengsbach, Karl Lehmann oder Robert Zollitzsch nicht halt. Während dem bereits 1991 verstorbenen Kardinal Hengsbach persönlich Vergewaltigungen von Mädchen vorgeworfen werden, soll Kardinal Lehmann in der Öffentlichkeit systematisch seinen eigenen Wissensstand, seine Verantwortung und die der Kirche kleingeredet haben. Auch Kardinal Zollitsch soll maßgeblich dazu beigetragen haben, dass jahrelang sexuelle Gewalt von Priestern an Minderjährigen vertuscht wurde. Beide Kardinäle waren Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und galten zu ihrer Amtszeit als verhältnismäßig liberale, vor allem aber als integre Vertreter ihrer Kirche. Dieses Bild hat durch die Ergebnisse der Missbrauchsgutachten in den Bistümern Mainz und Freiburg stark gelitten.

Matthias Katsch

© Christine Fenzl

Betroffene sehen strukturelle Probleme

Der Vorwurf besteht weiter, dass die katholische Kirche die Missbrauchsfälle kleinredet. Es geht um den institutionellen Selbstschutz, der durch Empathie für die Täter, Gleichgültigkeit für die Opfer und das Abstreiten von Verantwortung geprägt ist. Noch würden längst nicht genug Konsequenzen gezogen, erklärte Matthias Katsch bei der Veranstaltung in Düsseldorf: „Bis heute hat es kein einziges Ermittlungsverfahren gegen einen Vorgesetzten wegen Vertuschung oder Strafvereitelung gegeben.“ Doch die Taktik der Vertuschung funktioniert nicht mehr länger. Der Kirchenrechtler Thomas Schüller schätzt den Fall Hengsbach als besonders dramatisch ein. „Die Plausibilität scheint gegeben zu sein“, sagte der Experte aus Münster dem WDR-Hörfunk. Der derzeitige Essener Bischof Franz-Josef Overbeck habe in einem „längeren Lernprozess“ verstanden, dass seine eigene Kirche nicht sachgerecht mit solchen Verdachtsfällen umgegangen sei und man eher den Tätern geglaubt habe. Overbeck habe sich für die Wahrheit entschieden: „Er geht damit ein Risiko ein. Auf ihn kommen stürmische Zeiten zu.“

WL (29.09.2023)

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