Die „Gemeinsame Fahndungsgruppe Neiße“
Schneller reagieren und Maßnahmen umsetzen
„Der Hauptvorteil der deutsch-polnischen Fahndungsgruppe sind die kurzen Wege. Man kann viel schneller reagieren und Maßnahmen effektiver umsetzen“, so Lamatsch. Wenn früher in Deutschland ein Fahrzeug gestohlen und der Täter in Polen gefasst wurde, musste erst ein langwieriger Schriftverkehr in Gang gesetzt werden. „Wir mussten den Weg über unsere übergeordneten Behörden und über die jeweiligen Botschaften gehen. Das hat zum Teil mehrere Wochen gedauert. Jetzt wird alles direkt über die zuständige deutsche und polnische Staatsanwaltschaft geregelt. Das funktioniert viel besser und unproblematischer“, erklärt der Kriminalhauptkommissar. Auch Durchsuchungen ließen sich jetzt viel schneller regeln - wenn es sein muss, sogar innerhalb von nur einer Stunde. Auch wenn sich die Wege verkürzen, ändert die Zusammenarbeit nichts an den Zuständigkeiten. „Einsatzgruppen und Streifen müssen immer so besetzt sein, dass sowohl polnische als auch deutsche Beamte mit dabei sind. Wenn wir etwa eine Durchsuchung auf polnischer Seite machen, dann muss diese von polnischen Polizisten geführt und von der polnischen Staatsanwaltschaft genehmigt werden“, so Lamatsch.
Kriminalhauptkommissar Jürgen Lamatsch, Leiter der Gemeinsamen Fahndungsgruppe (GFG) Neiße
© Polizei Sachsen
Keine Sprachbarriere
Der Hauptkommissar räumt auch mit nationalen Vorurteilen auf: „Nicht immer kommen die Täter aus Polen und die Opfer aus Deutschland.“ Gerade in der letzten Zeit habe es Fälle mit der Enkeltrick-Masche gegeben, bei der die Opfer aus Polen kamen, die Täter und Hintermänner jedoch aus Deutschland, England oder Schweden. Beim Enkeltrick werden meist ältere Menschen über Schockanrufe manipuliert: Familienangehörige, etwa der Enkel, seien in Not und bräuchten dringend Bargeld, beispielsweise für eine Operation. Das Opfer soll dieses Geld möglichst bar und schnell einem Boten an einem Treffpunkt übergeben. „Diese Übergabe fand dann meistens an der deutsch-polnischen Grenze statt“, erzählt Lamatsch. Hier bewährt sich dann die Zusammenarbeit mit den polnischen Kollegen und Kolleginnen. Die Sprache sei dabei keine Barriere, so der Hauptkommissar: „In der Fahndungsgruppe selbst sprechen alle Beamte gutes bis sehr gutes Polnisch und die polnischen Fahnder beherrschen ebenso die deutsche Sprache, das erleichtert die Zusammenarbeit natürlich ungemein.“ Informationen können so schnell ausgetauscht werden. Eine wichtige Voraussetzung, um die Delikte erfolgreich aufzuklären.
Corona bremst Kriminelle aus
Wie sehr äußere Umstände Kriminalität beeinflussen kann, zeigt der Ausbruch der Corona-Pandemie. Anfang des Jahres 2020 wurde die Grenze zu Polen geschlossen. Das führte zeitweise zu einem starken Rückgang bei den Fallzahlen der Eigentumskriminalität, insbesondere bei der KFZ-Kriminalität in der Stadt Görlitz. Dagegen sei die Kriminalitätsrate in Polen jedoch stark angestiegen, da sich die Täter stärker dem eigenen Land zugewandt haben, erzählt Lamatsch. Auch hier habe sich die deutsch-polnische Zusammenarbeit bewährt, denn man konnte Ermittlungsfälle miteinander abgleichen. Seit Anfang 2020 werden die Grenzübergänge in Görlitz verstärkt per Video überwacht. Auch diese Maßnahme hat sich positiv auf die Kriminalitätsstatistik ausgewirkt: So sanken im Jahr 2020 laut der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) die Fallzahlen des Diebstahls von Kraftwagen im Vergleich zu 2019 in der Stadt Görlitz um rund 42 Prozent, erklärt Jürgen Lamatsch. Doch es ist wahrscheinlich, dass die Straftäter auf andere, unbewachte Grenzübergänge ausweichen. Auch deshalb sollte die deutsch-polnische Kooperation in der Kriminalitätsbekämpfung weiter intensiviert werden.
TE (26.03.2021)
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