Zivilcourage aus rechtlicher Sicht
Was muss ich, was darf ich, was kann ich?
Zivilcourage bedeutet zu helfen, ohne sich selbst zu gefährden
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In kritischen Situationen kann Zivilcourage anderen Menschen helfen, die in Not geraten. Wegsehen oder Weglaufen gilt nicht, denn jeder kann etwas tun, um Straftaten zu verhindern. Jedoch wissen viele Menschen in solchen Situationen nicht, was sie konkret tun sollen – und dürfen. Kriminalhauptkommissarin Claudia Sobotta von der Polizei Köln erklärt, welche Rechte und Pflichten man hat und wann eigentlich der richtige Zeitpunkt ist, um die Polizei zu rufen.
Hinsehen statt vorbeizugehen
An einem sonnigen Tag im Jahr 2020 spricht ein 47-jähriger Mann in Köln eine Frau an. Der Mann bedrängt sie, legt seine Arme um ihren Nacken und ringt die Frau zu Boden, um sie zu vergewaltigen. Das Opfer schreit und macht eine Zeugin auf sich aufmerksam. Die ruft sofort die Polizei und kann den Täter durch lautes Schreien in die Flucht schlagen. Kurze Zeit später wird der Mann von der Polizei gefasst und festgenommen. „Die Zeugin hat genau richtig gehandelt. Sie hat dem Täter durch lautes Schreien signalisiert, dass seine Tat von anderen Menschen beobachtet wird und dann die Polizei alarmiert“, sagt Claudia Sobotta. Generell gilt für alle Notsituationen: Jeder ist verpflichtet, in dem Rahmen zu helfen, in dem es ihm oder ihr möglich ist. Hilft man einem Menschen, der in Not ist, nicht, macht man sich unter Umständen der unterlassenen Hilfeleistung nach Paragraph 323c StGB strafbar. „Im Zweifel sollte man auf sein Bauchgefühl hören, wenn einem eine Situation gefährlich vorkommt oder Gewalt im Spiel ist. Die meisten Menschen haben ein gutes Gespür dafür, wenn´s brenzlig wird und dann ist es wichtig, rechtzeitig die Notrufnummer „110“ zu wählen und die Polizei zu informieren“, sagt Sobotta. Das ist das Mindeste, was jeder tun kann und oft genügt das auch schon. In Gefahr bringen muss sich dabei niemand. „Etwas zu tun ist aber wichtig, schließlich kann jeder auch selbst in so eine Situation geraten, in der er oder sie Hilfe von anderen benötigt“, meint Sobotta.
Aktion „Tu was“ – sechs Regeln für den Ernstfall
- Ich helfe, ohne mich selbst in Gefahr zu bringen
- Ich fordere andere aktiv und direkt zur Mithilfe auf
- Ich beobachte genau und präge mir Tätermerkmale ein
- Ich organisiere Hilfe unter Notruf 110
- Ich kümmere mich um Opfer
- Ich stelle mich als Zeugin oder Zeuge zur Verfügung
Selbstbewusst auftreten und Verbündete suchen
In weniger kritischen Situationen kann man durchaus selbst eingreifen, wenn man sich sicher fühlt: „Halten Sie dabei aber unbedingt Abstand zu der betreffenden Person. Falls Sie den Täter ansprechen, siezen Sie ihn, reden Sie klar und deutlich und lassen Sie sich nicht provozieren. Bleiben Sie in jedem Fall sachlich“, rät Sobotta. Außerdem ist es ratsam, Umstehende ins Geschehen einzubinden. „Suchen Sie sich Verbündete, indem Sie zum Beispiel einen Passanten in der Nähe auffordern, die Polizei zu rufen. So stehen Sie nicht alleine da und erhalten Unterstützung, falls die Situation eskaliert“, empfiehlt die Polizistin. Sie weiß aus Erfahrung, dass sich Gefahrensituationen äußerst dynamisch entwickeln können. „Es ist schwer einzuschätzen, wie sich ein Tatverdächtiger in der Gegenwart von Zeugen verhält. Im Fall der versuchten Vergewaltigung entdeckten die Einsatzkräfte später ein Messer, das der Täter bei sich trug. Die Situation hätte also auch für die Zeugin gefährlich werden können“, sagt Sobotta. Deswegen sei es wichtig, dass man als Zeugin oder Zeuge unbedingt die eigene Sicherheit im Blick behält.
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