< Ungewollte Nebenwirkung

Neuer Lebenssinn durch Arbeit

Das Projekt „Pick-Up“ („Aufheben“) in Essen hilft Drogenabhängigen dabei, wieder einen Sinn in ihrem Leben zu sehen und einen Weg zurück in die Gesellschaft zu finden. Die Methode ist eher ungewöhnlich: Denn die Teilnehmer des Programms werden in der Essener Innenstadt zum Müllsammeln eingesetzt.

Müllberge schädigen auch das Image einer Stadt

© fefufoto, fotolia

Bier für Abhängige?

Ein auf den ersten Blick vielleicht schwer nachvollziehbarer Teil des Projektes ist die Ausgabe von Bier an die Teilnehmer – unter anderem als Anreiz zur Teilnahme. Aber wie kann man Süchtigen auch noch Alkohol geben? Zur Erklärung: Das Projekt richtet sich ausschließlich an chronisch schwerstabhängige Menschen, die zum Teil seit Jahrzehnten illegale Drogen und Alkohol konsumieren und trotz Therapien nicht von den Drogen loskommen. Mit den gängigen Hilfsangeboten sind diese Menschen daher nicht mehr zu erreichen. „Pick-Up“ ist kein Therapiekonzept, sondern soll den Betroffenen einen pragmatischen Lösungsansatz bieten, um ihr Leben besser in den Griff zu bekommen. Im Projekt lernen die Teilnehmer ein kontrolliertes Trinkverhalten, da völlige Abstinenz kein machbares Ziel für die Teilnehmer darstellt – eigentlich. Denn gleich zu Beginn des Projektes zeigte sich Erstaunliches: Keiner der Teilnehmer rührte den bereitgestellten Alkohol an. Oliver Balgar von der Suchthilfe Essen erklärte in einem Interview mit dem WDR: „Einige der Teilnehmer sind stark drogenabhängig. Sie hätten von uns keinen Alkohol bekommen, weil die Nebenwirkungen zu groß sind. Alle anderen haben sich offenbar solidarisiert und trinken auch nicht.“

Alle profitieren

Manche Teilnehmer des Projekts sind im Vorfeld vermehrt durch Probleme im öffentlichen Raum aufgefallen, etwa durch Pöbeleien, öffentliches Urinieren oder das Vermüllen von öffentlichen Anlagen. Dadurch wurde unter anderem das auch Sicherheitsempfinden von Passanten beeinträchtigt. Durch die einfache und für sie machbare Arbeit erfahren die Teilnehmer nun eine Aufwertung, sie fühlen sich nützlich, weil sie etwas Sinnvolles tun. Die Essener Innenstadt ist nun sauberer. Um das Projekt abschließend bewerten zu können, ist es noch zu früh. Doch es scheint sich für alle Beteiligten positiv zu entwickeln. Und auch bei den Bürgern kommt das Projekt offenbar gut an, wie Oliver Balgar dem WDR gegenüber betont: „Es haben schon Leute im Auto angehalten und rausgerufen, dass es klasse sei, was wir da machen.“ Das motiviere nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Essener Suchthilfe.

SW (27.02.2015)

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