< „Der Bahnhof darf kein Angstraum sein!“

Anonym Anzeige erstatten – ja oder nein?

Manche Menschen, die von einer Straftat wissen und den Täter oder die Täterin bestraft sehen wollen, wollen bei einer Anzeige nicht ihre Identität preisgeben. Sie fürchten Racheaktionen der von ihnen beschuldigten Person. Ist in einem solchen Fall eine anonyme Anzeige eine gute Alternative? Oder gibt es bessere Lösungen?

Zwischen Zeugenschutz und Denunziation abwägen


Anonyme Anzeigen werden mit großer Vorsicht behandelt

© lassedesignen/stock.adobe.com

 

Manche Menschen, die von einer Straftat wissen und den Täter oder die Täterin bestraft sehen wollen, wollen bei einer Anzeige nicht ihre Identität preisgeben. Sie fürchten Racheaktionen der von ihnen beschuldigten Person. Ist in einem solchen Fall eine anonyme Anzeige eine gute Alternative? Oder gibt es bessere Lösungen?

Anonyme Anzeigen haben weniger Gewicht

Sie sind sich sicher: Ihr Nachbar ist Mitglied in einem Kinderpornoring und sein PC mit dem belastenden Foto- und Videomaterial befindet sich im Keller seines Hauses. Um sich selbst zu schützen, erstatten Sie bei der Polizei eine anonyme Anzeige. Doch die Polizei erhält von der Staatsanwaltschaft keinen Durchsuchungsbescheid für die Wohnung und die Geschäftsräume Ihres Nachbarn. Der Grund: Der Schutz der Wohnung ist höher einzuschätzen als der anonyme Hinweis, bei dem man nichts über die Anzeige erstattende Person und ihre Motive weiß. Auch eine Klage gegen diesen Bescheid hat keinen Erfolg. So hat das Landgericht Augsburg in einem Fall entschieden. Und das aus gutem Grund: Sie könnten ja ein beruflicher Konkurrent sein, der seinen Mitbewerber mit einer haltlosen Verdächtigung gesellschaftlich ruinieren will. Sie könnten auch eine wütende Nachbarin sein, die sich eigentlich über etwas ganz anderes bei ihrem Nachbarn ärgert und ihm zu ihrer persönlichen Genugtuung eine ungerechtfertigte Kinderporno-Anzeige an den Hals wünscht.

In einer gerichtlichen Hauptverhandlung muss ein Zeuge oder eine Zeugin namentlich benannt werden

© Andreas Gruhl/stock.adobe.com

Schutz vor Denunziationen

Es gibt gute Gründe dafür, dass grundsätzlich die Personalien aufgenommen werden, wenn man eine Strafanzeige erstattet. Allgemeine Verdächtigungen dürfen nicht zu Ermittlungen führen. Wenn die Identität der oder des Anzeigenden zweifelsfrei feststeht, können die Ermittlungsbehörden Ihre Aussage besser einschätzen und man kann sie bei Rückfragen erreichen. Anonyme Anzeigen werden hingegen in der Regel mit großer Vorsicht behandelt und nur beachtet, wenn nachprüfbare Hinweise auf erhebliche Straftaten vorgebracht werden. Dies ist etwa beim sogenannten Whistleblowing der Fall, wenn also anonyme Personen aus einem Unternehmen oder einer Institution der Polizei und Staatsanwaltschaft handfeste Belege etwa für Korruption oder Betrug zuspielen. Laut Bundesverfassungsgericht ist eine beträchtliche sachliche Qualität der Anzeige oder die gleichzeitige Vorlage von schlüssigem Tatsachenmaterial nötig, damit die Strafverfolgungsbehörden auf Basis einer anonymen Anzeige tätig werden. So will man Denunziantentum verhindern und die Unschuldsvermutung wahren.

Seite: 12weiter >>

Weitere Infos zum Thema "Mit der Bahn unterwegs"

Gute Bahnhöfe sind hell und gut einsehbar

Bahnhöfe sind Teil des öffentlichen Raums. Doch abends kann sich...[mehr erfahren]

Verkehrsbetriebe sollten ihr Hausrecht nutzen

Jeder, der häufiger mit Bus und Bahn unterwegs ist, hat es schon...[mehr erfahren]

Bahnhof Angstraum

Richtiges Verhalten und effektive Schutzkonzepte

Im Juli 2019 wurde ein Achtjähriger am Bahnhof in Frankfurt am Main...[mehr erfahren]

Vorsicht, Starkstrom und Zugbetrieb!

Bahnanlagen sind keine Spielplätze oder Fotomotive

Diese Partynacht wird Vanessa Vaske nicht vergessen: Die junge Frau...[mehr erfahren]

Aufgaben und Zuständigkeiten der Bundespolizei auf Bahnhöfen

Die Bundespolizei soll Gefahren für die öffentliche Sicherheit und...[mehr erfahren]