Zu Besuch im Knast
Das Projekt „Gefangene helfen Jugendlichen“ wird derzeit in Hamburg, Bremen, Niedersachsen, NRW und Baden-Württemberg angeboten, Standorte in Berlin, Brandenburg und der Schweiz sollen bald folgen. Zielgruppe sind auffällige oder bereits straffällig gewordene Jugendliche und Heranwachsende zwischen 14 und 21 Jahren. Voraussetzung ist das Einverständnis der Eltern sowie gültige Ausweispapiere. Der JVA-Besuch wird mit den Jugendlichen vor- und nachbereitet.
Bereuen und darüber sprechen
Nicht jeder Gefangene kommt für die Gespräche mit den Jugendlichen in Frage, sie müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, etwa bereit dazu sein, offen über ihre Taten zu sprechen und diese ehrlich zu bereuen. Außerdem dürfen sie sich während ihrer Zeit im Gefängnis nichts zuschulden kommen lassen. Sexualstraftäter kommen für die Arbeit mit den Jugendlichen ebenfalls nicht in Frage. „Die mitwirkenden Häftlinge werden speziell im Umgang mit den Jugendlichen geschult und bekommen auch die Möglichkeit zur Supervision. Schließlich geben die Gefangenen sehr viel von sich preis und müssen sich sehr reflektiert mit ihrer Vergangenheit auseinandergesetzt haben. Das fällt nicht immer leicht“, betont Volkert Ruhe. Die Reaktionen der Jugendlichen auf den Besuch im Knast sind unterschiedlich. Manche stellen interessierte Fragen, während andere eher in sich gekehrt sind. „Den deutlichsten Unterschied sieht man im Verhalten vor und nach dem Besuch. Vorher werden coole Sprüche geklopft. Danach sind die meisten ganz ruhig. Öfter hört man auch schon mal: ‘Das war krass. Hier will ich nicht landen‘“, berichtet der Experte.
Man kann nicht alle retten
Volkert Ruhe hat bis Mitte der 1990er Jahre selbst eine achtjährige Haftstrafe in der JVA Fuhlsbüttel, genannt „Santa Fu“, verbüßt. Während dieser Zeit kam ihm die Idee zu „Gefangene helfen Jugendlichen“. Für ihn ist das Ganze eine Herzensangelegenheit. Allein in Hamburg haben bislang über 7.000 Jugendliche an dem Projekt teilgenommen. „Wir sind nur ein Teil der ganzen präventiven Landschaft. Wir sehen uns als Stein eines Mosaiks und tun das, was wir im Rahmen unserer Möglichkeiten tun können. Wir können sicher nicht jeden Jugendlichen davon abhalten, weiter Straftaten zu begehen. Aber wenn wir von zehn Jugendlichen drei oder vier erreichen, ist schon viel gewonnen,“ betont Ruhe.
SBa (26.06.2020)
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