Warnschussarrest für jugendliche Intensivtäter
Härtere Strafen bringen nichts
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Erzieherische Maßnahmen sind wichtiger als Strafen
© Alexander Raths, fotolia
Jugendliche Intensivtäter beginnen ihre kriminelle Karriere häufig schon im Kindesalter. Einmal in der Abwärtsspirale, haben sie es schwer, dort wieder hinauszukommen. Seit Herbst 2012 gibt es die Möglichkeit des so genannten Warnschussarrests. Dabei können straffällig gewordene Jugendliche zu bis zu vier Wochen Jugendarrest verurteilt werden. Bringen solche Strafen etwas? Worauf kommt es bei der Sanktionierung von jugendlichen Straftätern an? Norbert Meiners vom Saarländischen Landesinstitut für Präventives Handeln in St. Ingbert setzt auf Prävention statt Strafe.
Herr Meiners, worum geht es bei dem Warnschussarrest genau?
Wird ein Jugendlicher zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt, kann der Richter seit dem letzten Jahr zusätzlich einen Jugendarrest anordnen. Dies kann geschehen, wenn das Gericht der Meinung ist, dass eine Bewährungsstrafe allein dem Jugendlichen nicht ausreichend vor Augen führt, dass er sich falsch bzw. kriminell verhalten hat. Der Arrest soll den Jugendlichen zu der Einsicht bringen, dass straffälliges Verhalten Konsequenzen hat.
Funktioniert dieses Konzept denn?
Das ist pauschal nicht so leicht zu beantworten – es kommt letztlich immer auf die einzelne Person an. Aber man muss sich fragen: Können strafverschärfende Maßnahmen wie der Warnschussarrest ein Allheilmittel sein, um jemanden von einer kriminellen Karriere abzuhalten? Ich meine: Nein. Gerade wenn es um jugendliche Intensivtäter geht, darf nicht nur die bloße Bestrafung im Mittelpunkt stehen. Diese Jugendlichen haben häufig ganz große Defizite. Daher sind hier vor allem erzieherische Elemente gefragt. Die Jugendlichen müssen auf den richtigen Weg gebracht werden. Sie müssen begreifen, dass das was sie tun, nicht in Ordnung ist. Dass es sich dabei um Straftaten handelt. Es muss darum gehen, dass sie ihr Verhalten und ihre Lebenseinstellung ändern – und das schafft man nicht durch Einsperren.
Welche konkreten Einwände gegen den Warnschussarrest haben Sie?
Die Erfahrungen zeigen, dass es gerade bei Jugendlichen wichtig ist, dass eine Bestrafung möglichst schnell nach der begangenen Tat erfolgt. Denn je mehr Zeit zwischen Tat und Strafe vergeht, desto weniger Bezug kann der Jugendliche zwischen beidem herstellen. Dementsprechend geringer fällt dann auch der Lerneffekt bzw. die Erkenntnis aus, etwas Falsches getan zu haben. Beim Warnschussarrest ist es aber so, dass vorher ein komplettes Gerichtsverfahren durchlaufen werden muss. Dieses kann sich sehr in die Länge ziehen, so dass zwischen der Tat und dem Arrest am Ende eine sehr lange Zeit liegen kann. Somit kann also das Ziel, nämlich dass der Jugendliche durch den Arrest die Konsequenzen seines Handelns begreifen soll, nur schwer erreicht werden.
Gibt es denn schon erste Erfahrungen aus der Praxis?
Man kann derzeit noch nicht viel darüber sagen, dazu ist die Regelung zu neu. Auf den ein oder anderen mag sich der Warnschussarrest positiv auswirken, aber das muss erst in der Zukunft belegt werden. Hier muss man einfach die Entwicklung und die Erfahrungen aus der Praxis abwarten. Es kommt ja darauf an, ob ein Jugendlicher nach einem solchen Arrest wieder straffällig wird oder nicht. Das ist wissenschaftlich zu belegen und wird sicher noch zwei bis drei Jahre dauern.
Sind härtere Strafen generell eine gute Maßnahme, um gegen Jugendgewalt vorzugehen?
Ich persönlich und auch viele andere Experten halten von härteren Strafen für Jugendliche nichts. Denn diese helfen nicht dabei, Jugendkriminalität zu reduzieren. Im Gegenteil: Härtere Strafen führen eher zu einer höheren Rückfallquote bei den jugendlichen Straftätern. Es sollte eher darum gehen, die bestehenden Möglichkeiten besser zu nutzen. Im Jugendstrafrecht kommt es auf schnelle Sanktionen an, die mit Betreuungsmaßnahmen therapeutischer und erzieherischer Art kombiniert werden. Man sollte also nach Ansätzen suchen, die diese Vorgehensweise unterstützen und den Erziehungsgedanken in den Vordergrund stellen.
Wie könnte so ein Ansatz konkret aussehen?
Man scheint auf einem guten Weg zu sein: Denn im Moment kann man sagen, dass die Zahl der Gewalttaten begangen durch Jugendliche rückläufig ist. Dies belegt die Polizeiliche Kriminalstatistik und die Dunkelfeldforschung. Die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendhilfe ist in den letzten Jahren verbessert worden. Außerdem bieten viele Bundesländer mittlerweile spezielle Programme für jugendliche Intensivtäter an, bei denen die individuelle Betreuung und der Erziehungsgedanke im Mittelpunkt stehen. Gute Erfahrungen macht man außerdem in den so genannten „Häusern des Jugendrechts.“ Solche Einrichtungen gibt es beispielsweise in Baden-Württemberg, Rheinland Pfalz und NRW. Dort arbeiten Polizei, Staatsanwaltschaft und Institutionen der Jugendhilfe unter einem Dach zusammen. So hat man einen besseren Überblick, kann Verfahren beschleunigen, sich besser untereinander abstimmen und die Jugendlichen intensiv und individuell betreuen. Das ist ein wichtiger Schritt, um Jugendkriminalität effektiv anzugehen.
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