"Das Netz vergisst nichts"
Sind intime Fotos oder beleidigende Kommentare einmal im Netz entwickeln sie schnell ein Eigenleben, das sich schwer kontrollieren lässt. Was können Betroffene dennoch tun?
Ich empfehle, möglichst schnell zu reagieren, also Inhalte melden und löschen. Der nächste Schritt: Betroffene sollten die entsprechenden Kontakte melden und blockieren sowie juristische Schritte einleiten. Eine Anwältin oder ein Anwalt kann zivilrechtlich vorgehen und die Löschung von Inhalten beantragen und einstweilige Verfügungen erwirken. In vielen Fällen gibt es die Möglichkeit, Strafanzeige zu stellen. Diese Schritte erfordern viel Kraft. Beratungsstellen können dabei eine große Hilfe sein.
Die Ziele anonymer Drohungen und das Verbreiten privater Inhalte sollen demütigen und isolieren. Können Personen aus dem sozialen Umfeld erkennen, wenn jemand von Cybergewalt betroffen ist?
Oft landen die verbreiteten Inhalte auch bei Personen aus dem sozialen Umfeld der Betroffenen. In so einem Fall ist es für Freundinnen, Freunde und Verwandte dann oftmals offensichtlich, was passiert. Wird eine Frau ohne Einbeziehung der Öffentlichkeit bedroht und beleidigt, ist es aus meiner Sicht am besten, wenn sie darüber spricht und sich aktiv Hilfe holt. Das fällt in jedem Fall leichter, wenn das Umfeld Hilfe anbietet, sobald man dort merkt, dass irgendetwas nicht stimmt.
Was kann das soziale Umfeld konkret tun?
Wenn Beleidigungen und private Inhalte veröffentlicht werden, kann der Freundeskreis die Inhalte ebenfalls melden und die Absender melden und blockieren. Oft ist es eine große Hilfe, wenn die betroffene Frau merkt, dass sie nicht alleine ist. Bei gravierenden Folgen kann man der Frau weiterhin beistehen und sie auf Beratungs- und Hilfsangebote aufmerksam machen und sie zu den entsprechenden Stellen begleiten.
Betroffene von Cybergewalt haben häufig Angst, sich jemandem anzuvertrauen, besonders da es um sensible Daten geht. Inwiefern leisten die Beraterinnen des Hilfetelefons hier Unterstützung?
Das Hilfetelefon ist nicht nur ein anonymes und vertrauliches Angebot, sondern auch ein niedrigschwelliges und daher extrem wichtig. Die Beraterinnen können den betroffenen Frauen helfen, ihre Situation einzuordnen und ihnen konkrete Tipps für die nächsten Schritte geben. Sie verweisen auf regionale Beratungsangebote und können Mut machen, diese aufzusuchen. Das wiederum ist besonders wichtig, da viele Fälle von Cybergewalt nicht aus eigener Kraft bewältigt oder gelöst werden können. Ein weiterer Pluspunkt: Das Hilfetelefon bietet auch Informationen für Menschen, die vermuten oder wissen, dass in ihrem Umfeld jemand Opfer von Cybergewalt geworden ist.
Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" unterstützt Ratsuchende auch online – in der Chat-Beratung oder per E-Mail-Beratung.
Michaela D. Brauburger arbeitet als freie Referentin zum Thema Cybergewalt. Sie ist unter anderem im Bereich der Ausbildung von Medienscouts im rheinland-pfälzischen Landesprogramm "Medienkompetenz macht Schule" tätig. Zudem schult sie die Beraterinnen des Hilfetelefons "Gewalt gegen Frauen" zum Thema Cybergewalt.
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