< Keine Toleranz für Unfall-Gaffer

Chaos bei Protesten und Demos

Die Proteste und Demonstrationen rund um die Corona-Beschränkungen stellen die Polizei vor große Herausforderungen. Aber auch kreative Protestformen von Umweltorganisationen wie Greenpeace sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Doch welche Protestformen gehen rechtlich gesehen zu weit? Welche Mittel stehen der Polizei in solchen Fällen zur Verfügung? Diese und andere Fragen beantwortet Hartmut Brenneisen, Professor und Leitender Regierungsdirektor a. d. sowie ehemaliger Dekan des Fachbereichs Polizei und Vizepräsident der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung in Schleswig-Holstein.

Wann kann eine Veranstaltung verboten werden?

Wird eine Veranstaltung angemeldet bzw. angezeigt, muss die zuständige Versammlungsbehörde abwägen: Dominieren hier die verfassungsrechtlichen Positionen der Versammlungsteilnehmer oder spricht einiges dafür, dass es zu Straftaten, gewalttätigen Auseinandersetzungen oder erheblichen Grundrechtsbeeinträchtigungen anderer Menschen kommen könnte? Eine Versammlung kann insbesondere dann verboten werden, wenn eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht, das heißt, wenn zum Beispiel die Gesundheit oder sogar das Leben von Menschen gefährdet wird. Das könnte zum Beispiel auf die im Moment stattfindenden Corona-Demonstrationen zutreffen. Das Infektionsschutzgesetz lässt dabei durchaus Einschränkungen der Versammlungsfreiheit zu. Aber auch hier gilt: Dies muss für jede Versammlung individuell entschieden werden. Denn auch das Infektionsschutzgesetz steht nicht per se über der Verfassung. Die Versammlungsbehörde muss also eine nachvollziehbare Gefahrenprognose erstellen und belegen, dass zum Beispiel die Missachtung von Auflagen wie Tragen von Mund-Nase-Schutz oder Einhalten von Abständen wahrscheinlich ist. Am Ende entscheiden die Verwaltungsgerichte und unter Umständen sogar das Bundesverfassungsgericht darüber, ob ein Versammlungsverbot gerechtfertigt ist oder nicht.

Was geschieht denn, wenn eine Demo trotz Verbot stattfindet?

Dann wird die Versammlung in der Regel aufgelöst. Das Problem bei den Corona-Demonstrationen: Wenn ich eine sehr große Teilnehmerzahl mit zehn- oder zwanzigtausend Menschen habe, muss ich als Verantwortlicher überlegen, ob ich die Polizeikräfte dort hineinschicke oder nicht. Denn wenn Mindestabstände nicht eingehalten und keine Masken getragen werden, steigt die Infektionsgefahr auch für die eingesetzten Polizistinnen und Polizisten. Bei allen Maßnahmen der Polizei muss zudem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Das gilt immer, auch bei Blockade-Aktionen oder Besetzungen. Dies muss sehr differenziert betrachtet und im Einzelfall abgewogen werden. Gleichzeitig ist die Polizei im Rahmen des Legalitätsprinzips aber dazu verpflichtet, einzugreifen und repressiv tätig zu werden, wenn Straftaten begangen werden. Denn klar ist: Personen, die Steine werfen, Menschen verletzen oder Sachen beschädigen, sind Straftäter und keine im Schutz des Grundgesetzes agierenden Versammlungsteilnehmenden.

Versammlungsfreiheit Die Versammlungsfreiheit ist in Artikel 8 des Grundgesetzes als Grundrecht garantiert: (1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Was macht den Umgang mit Versammlungen für die Polizei noch schwierig?

Eines der Hauptprobleme im Gefahrenabwehrrecht schlechthin ist der föderative Staatsaufbau Deutschlands. Das heißt: Jedes Bundesland hat seine eigenen Regelungen und Gesetze, sodass für die bundesweit eingesetzten Polizeikräfte, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger, ein zum Teil schwer überschaubarer Flickenteppich entsteht. Was in einem Land überhaupt nicht geahndet wird, ist in einem anderen eine Ordnungswidrigkeit und in einem weiteren sogar eine Straftat. Ein Beispiel ist hier etwa das Vermummungsverbot, welches zum Teil nicht nur im Rahmen von Versammlungen gilt, sondern auch bei anderen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel. In Schleswig-Holstein wird dies nicht geahndet, in Hamburg zählt es als Straftat. Wenn also Holstein Kiel gegen den HSV spielt und der Hamburg-Fan im Holstein-Stadion vermummt aufläuft, dann ist das zulässig. Wenn sich aber der Holstein-Kiel-Fan beim Rückspiel in Hamburg vermummt, dann ist das eine Straftat. Dies ist sowohl für Polizeikräfte als auch für die Fans schwer nachzuvollziehen. Ein und dasselbe Verhalten ist in den einzelnen Bundesländern oftmals rechtlich ganz unterschiedlich zu bewerten. Die Rechtsmaterie in diesem Gebiet ist damit so kompliziert und unklar, dass selbst die Polizei und die Vertreter der Versammlungsbehörden große Schwierigkeiten mit der Auslegung haben.

Was würde die Arbeit der Polizei erleichtern?

Die Polizei braucht unbedingt klare und weitgehend vergleichbare Gesetze und damit eine eindeutige Handlungsgrundlage. Wenn wir in diesem Bereich schon föderalistisch aufgestellt sind, müssen sich die Länder zumindest an einem einheitlichen sicherheitspolitischen Rahmen orientieren. Die Arbeit der Polizei wird sonst unnötig erschwert, die Bürgerinnen und Bürger verunsichert. Das ist nach meiner Überzeugung ausgesprochen problematisch und kann so nicht akzeptiert werden.

SBa (Stand: 26.02.2021)

Seite: << zurück12

Kurztipps

5 Tipps für...
...den sicheren Campingurlaub

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie Ihren nächsten Urlaub mit dem...

5 Tipps für...
...das richtige Verhalten im Stau

So verhalten Sie sich bei einem Stau richtig.

5 Tipps für...
...das richtige Verhalten bei einer Autopanne

Darauf sollten Sie achten, wenn Ihr Wagen auf der Autobahn oder...

5 Tipps für...
...das Radfahren im Winter

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie in der kalten Jahreszeit trotz...

5 Tipps für...
...den Schutz vor Wildunfällen

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie im Herbst und Winter in...

5 Tipps für...
...das Autofahren im Alter

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie als älterer Mensch Auto fahren.

5 Tipps für...
...die sichere Fahrt mit dem E-Auto

Darauf sollten Sie am Steuer eines Elektroautos achten.

5 Tipps für...
...die Ladungssicherung im Transporter

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie einen Transporter (z. B. als...

5 Tipps für...
...den Schutz vor Autodieben

So können Sie das Risiko für einen Pkw-Diebstahl deutlich reduzieren.

5 Tipps für...
...das Carsharing

Darauf sollten Sie vor der Fahrt mit einem Gemeinschaftsauto achten.

5 Tipps für...
...den Kauf von Souvenirs

Das sollten Sie beachten, wenn Sie Urlaubsandenken erwerben.

5 Tipps für...
...die Verkehrssicherheit im Winter

So können Autofahrer das Unfallrisiko reduzieren.

5 Tipps für...
...die Mietwagenbuchung

Im Voraus einen umfassenden...

5 Tipps für...
...den sicheren Schulweg

So kommen Kinder sicher zum Unterricht.

5 Tipps für...
...die sichere Beladung des Pkw

So verstauen Sie das Gepäck oder die Einkäufe richtig.

5 Tipps für...
...ein winterfestes Auto

Vor dem Winter sollte das Auto für die kalte Jahreszeit gewappnet...

5 Tipps für...
...das richtige Verhalten im Notfall

Was Sie tun sollten, wenn Sie einer verletzten Person helfen wollen.

Weitere Infos für Autofahrer

Vereinfachte Regelungen

Seit 2013 besteht in der Europäischen Union ein einheitlicher...[mehr erfahren]

Fahrzeuge regelmäßig in der Werkstatt checken lassen

Sicherheitsmängel an Fahrzeugen sind immer wieder der Grund für...[mehr erfahren]

Wahrnehmung und Erinnerung sind lückenhaft und subjektiv

Ob Unfall oder Verbrechen: Aussagen von Augenzeugen dienen der...[mehr erfahren]

Richtig beladen, richtig fahren

Großeinkäufe aus dem Baumarkt nach Hause schaffen, Laub aus dem...[mehr erfahren]

So gefährlich kann „Dooring“ für Radfahrer sein

An einem Sonntagvormittag gegen 11 Uhr fuhr der 60-jährige Bernhard...[mehr erfahren]

Schaulustigen drohen Bußgelder und Freiheitsstrafen

Szenen mit Schaulustigen, die verunglückte Personen an der...[mehr erfahren]

Mit Christoph Birnstein, Automobilclub Europa (ACE)

In diesem Video gibt Christoph Birnstein, NRW-Regionalbeauftragter...[mehr erfahren]

Geräte zur Warnung vor Radarkontrollen im Fahrzeug sind verboten

Das Gesetz ist nicht neu, die Empörung dennoch groß: Als die...[mehr erfahren]

Aufnahmen zur Klärung von Unfällen zulässig

Wer viel mit dem Auto unterwegs ist, kann die Fahrt durch eine...[mehr erfahren]

Das Motorrad ergonomisch richtig einstellen

Damit schon die erste Tour mit einem Motorrad das pure Vergnügen...[mehr erfahren]