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Die „Loverboy“-Methode

Melina war 14, als sie sich veränderte. Sie schwänzte immer öfter die Schule, kapselte sich von ihren Freundinnen ab und verhielt sich auch zuhause immer distanzierter. Erst Stück für Stück erfuhren ihre Eltern, dass sie Opfer eines Loverboys geworden war, der sie zwang, sich zu prostituieren. Vor allem über soziale Netzwerke machen sich die jungen Zuhälter an minderjährige Mädchen heran und spielen ihnen die große Liebe vor. Wer einmal in die Fänge eines Loverboys geraten ist, hat nur wenige Chancen, aus eigener Kraft wieder von ihm loszukommen.

Opfer und Täter

Stammten die Opfer vor einigen Jahren noch überwiegen aus unteren sozialen Schichten, sind heute Mädchen aus allen Gesellschaftsschichten betroffen. „Grundsätzlich ist es schon so, dass Mädchen mit geringem Selbstwertgefühl stärker gefährdet sind und gezielt Mädchen kontaktiert werden, die ganz besonders nach Bestätigung, Aufmerksamkeit und Zuneigung suchen“, weiß Kannemann. „Dass wie häufig angenommen vorwiegend Mädchen aus zerrütteten Familien zum Opfer werden, kann man allerdings nicht sagen. Im Gegenteil werden immer mehr Mädchen aus behütetem Elternhaus ausgesucht, die leicht erpressbar sind, weil man ihnen droht, der Familie etwas anzutun. Das wollen die Mädchen natürlich um jeden Preis vermeiden.“ Auch das Bild der Täter hat sich in den letzten Jahren stark verändert: „Es sind nicht mehr fast ausschließlich junge Männer mit Migrationshintergrund, die als Loverboy unterwegs sind, sondern immer häufiger deutsche Täter bzw. Täter aus allen möglichen Ländern.“

Früher oder später entpuppt sich der Loverboy als junger Zuhälter

© Photographee.eu, fotolia

Lovergirls

Noch relativ unbekannt ist das Phänomen sogenannter „Lovergirls“. Das sind nicht etwa junge Frauen, die Jungs anmachen, sondern immer auch selbst Opfer von Loverboys. Sie werden als Köder eingesetzt und sollen anderen Mädchen gute Freundinnen vorspielen, um sie dadurch in Kontakt mit den Loverboys zu bringen. „Darunter leiden die meisten sehr, weil sie ja genau wissen, was auf die Mädchen zukommt und dass ihnen das gleiche bevorsteht, was sie erdulden mussten“, so Kannemann. „Aber sie machen es trotzdem, weil sie sich dadurch mehr Freiheiten und weniger Misshandlungen oder Vergewaltigungen erhoffen.“

Aufklärung ist das Wichtigste

Aufgrund der geringen Bekanntheit der Loverboy-Methode in Deutschland hat Bärbel Kannemann im Jahr 2013 den Verein „NO Loverboys“ ins Leben gerufen. Vorher lief die Arbeit lief über die Elterninitiative EILOD und die niederländische Organisation StopLoverboysNU. „Grundsätzlich ist es schwierig, sich vor Loverboys zu schützen. Das Allerwichtigste ist: Man muss die Loverboy-Masche kennen und überhaupt erst mal wissen, dass es so etwas gibt“, meint Kannemann. „Gerade in heilen Familien kennt man dieses Problem nicht und weiß nicht, dass sich Loverboys ihre Opfer überall suchen. Vor allem das Internet stellt hier eine große Gefahr dar. Deshalb ist Prävention an Schulen und Jugendeinrichtungen eine sehr wichtige Aufgabe.“ Das ehrenamtliche Team von „NO Loverboys“, das sich aus früheren Kriminalbeamten und Mitarbeitern aus sozialen Berufen zusammensetzt, hat es sich zum Ziel gemacht, nicht nur Jugendliche, sondern auch Eltern, Lehrer, Schulsozialarbeiter und Familienberater über die Loverboy-Problematik aufzuklären. Außerdem ist der Verein direkte Anlaufstelle für Betroffene und deren Angehörige und bietet ihnen anonym Hilfe und Beratung an. „Inzwischen konnten wir schon einigen Mädchen helfen, aus der Prostitution auszusteigen“, freut sich Kannemann. „In der Regel erstatten die Opfer jedoch keine Anzeige, weil ihre Scham und Angst zu groß sind. Es wäre schön, wenn die Öffentlichkeit offener gegenüber diesem Problem wäre. Auch die Staatsanwaltschaft sollte endlich erkennen, dass die Loverboy-Methode eine qualifizierte Form des Menschenhandels ist und dies beim Strafmaß entsprechend berücksichtigen“, hofft die ehemalige Kriminalhauptkommissarin.

KL (29.10.2015)

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