< „Man darf dem Täter kein Gesicht geben“

Kinder in Not

Hans-Joachim Blume, Kriminaldirektor vom Landeskriminalamt Berlin, leitet das Dezernat 12, zu dem auch Kinderschutzdelikte gehören. Er berichtet über die Probleme, aber auch die Erfolge in seiner Arbeit.

Was die Polizei für vernachlässigte Kinder tun kann

Die Polizei trifft immer wieder auf vernachlässigte Kinder

© Lane Erickson, fotolia

 

Hans-Joachim Blume, Kriminaldirektor vom Landeskriminalamt Berlin, leitet das Dezernat 12, zu dem auch Kinderschutzdelikte gehören. Er berichtet über die Probleme, aber auch die Erfolge in seiner Arbeit.

Wie erfahren Sie von Kindern, die in Gefahr sind, vernachlässigt oder sogar misshandelt werden?

Unsere Aufgabe ist es, Straftaten zu verfolgen. Dafür müssen uns diese zur Anzeige gelangen. Das geschieht auf zwei Wegen: Nachbarn, Verwandte, Bekannte, Lehrer, Erzieher oder Kinderärzte stellen fest, dass ein Kind beispielsweise schlecht ernährt, unzureichend gepflegt oder verhaltensauffällig ist und melden dies der Polizei. Oder wir als Polizei oder die Feuerwehr kommen aus anderen Anlässen in eine Wohnung und finden verwahrloste Kinder vor. Dann werden entsprechende Strafanzeigen geschrieben. Es gibt aber auch die Fälle, in denen sich Kinder am Fenster bemerkbar machen, vielleicht sogar um Hilfe schreien. Die Polizei muss dann manchmal feststellen, dass die Kinder tagelang sich allein überlassen waren. Das sind auch ganz kleine Kinder von ein oder zwei Jahren, auf die die größeren Geschwister aufpassen müssen. Und die Eltern sind nicht auffindbar.

Bis vor wenigen Jahren wurde Kindesvernachlässigung in Berlin fast ausschließlich über polizeiliche Feststellungen zur Anzeige gebracht. Das hat sich aber geändert. Seit ungefähr sechs Jahren erfahren wir genauso oft über Dritte von gefährdeten Kindern. Das ist ein Trend, den ich sehr begrüße.

Warum greifen immer mehr Bürger zum Telefon, um ihre Sorge über ein Kind in ihrem Umfeld zu äußern?

Bei Kindesvernachlässigung gab es schon immer eine große Dunkelziffer. Das hat Berlin, angetrieben durch die Polizei, dazu veranlasst, massiv Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Plakate, Bilder in Zeitungen und U-Bahnen machten auf das Problem aufmerksam. Außerdem richtete die Polizei ein rund um die Uhr besetztes Notruftelefon ein, bei dem man sich anonym oder pseudonym melden kann. Dort kann sich jeder Rat holen, fragen, wie Experten die Situation bewerten und anschließend entscheiden, was er tun möchte. Das Telefon wird von der Berliner Bevölkerung sehr gut angenommen. Es gibt so gut wie keine Denunzierungen und die Meldungen haben alle Substanz - wenngleich nicht immer eine Intervention nötig ist.

Kinder brauchen unseren besonderen Schutz

© Anja Greiner Adam, fotolia

Was tun Sie, wenn Sie von einer Vernachlässigung erfahren?

Dann muss von uns bewertet werden, ob der Tatbestand erfüllt ist. Eine eindeutige Situation wäre zum Beispiel, wenn eine Wohnung verdreckt ist, keine oder verschimmelte Lebensmittel im Haus sind, die Kinder auf verschmutzten Matratzen schlafen müssen und keine Spielzeuge vorhanden sind. Unterernährte, scheue Kinder, die nicht altersadäquat sprechen können, sind ganz klar Indikatoren für eine Vernachlässigung.

Unsere Arbeit läuft parallel: Auf der einen Seite müssen wir in der Strafsache ermitteln und die Ergebnisse an die Staatsanwaltschaft weitergeben. Begleitend haben wir aber noch einen präventiven Auftrag. Das heißt, dass wir alle Fälle der Vernachlässigung von Kindern oder der Kindeswohlgefährdung auch an das Jugendamt melden. Dieses muss entsprechende Maßnahmen der Stützung und Hilfe einleiten. Wenn die Kinder akut in Gefahr sind, nachhaltig geschädigt zu werden, schalten wir unmittelbar das zuständige Jugendamt ein. Wenn es mitten in der Nacht ist, führen wir die Kinder dem Kinder- und Jugendnotdienst zu, damit die Jugendämter am nächsten Tag eine Entscheidung treffen können.

Da mussten wir als Polizei ein wenig umdenken, denn hier steht nicht so sehr die Strafverfolgung im Zentrum, die wir natürlich als Polizei formal vorantreiben müssen. Uns geht es vor allem darum, ein Opfer, das sich nicht wehren kann, aus seiner Situation zu befreien.

 

Seite: 12weiter >>

Kurztipps

5 Tipps für...
...Zivilcourage im Alltag

Das sollten Sie beachten, wenn Sie in der Öffentlichkeit eine...

5 Tipps für...
...sicheres Homeschooling/digitales Lernen

Darauf sollten sie achten, wenn der Unterricht Ihrer Kinder zuhause...

5 Tipps für...
...den Verdachtsfall auf Kindesmissbrauch

So sollten Sie sich verhalten, wenn Sie in ihrem Umfeld einen...

5 Tipps für...
...ein sicheres Internet für Kinder

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie Ihre Kinder oder Schüler vor...

5 Tipps für...
...sicheres Online-Dating

Darauf sollten Sie bei der Partnersuche im Netz achten.

5 Tipps für...
...das Baden in offenen Gewässern

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie in offenen Gewässern wie...

5 Tipps für...
...eine sichere Fahrt auf dem E-Scooter

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie mit dem Elektroroller unterwegs...

5 Tipps für...
...den Umgang mit Sozialen Medien

Diese Tipps helfen Ihnen, Social-Media-Kanäle sicher zu nutzen.

5 Tipps für...
...die Karnevalszeit

Ob Karneval, Fasching oder Fastnacht – darauf sollten Sie achten.

5 Tipps für...
...ein sicheres Passwort

Darauf sollten Sie bei der Passworterstellung achten.

5 Tipps für...
...die App-Nutzung

Das sollten Sie beachten, wenn Sie Apps herunterladen und nutzen.

5 Tipps für...
...ein sicheres Fahrrad

So machen Sie Ihr Fahrrad fit für den Frühling.

5 Tipps für...
...einen sicheren Computer

So schützen Sie Ihren PC vor Viren, Trojaner und „Phishing“

5 Tipps für...
...ein sicheres Smartphone

So schützen Sie Ihr Smartphone und Ihre Daten vor Hackern und Betrug.

5 Tipps für...
...das richtige Verhalten im Notfall

Was Sie tun sollten, wenn Sie einer verletzten Person helfen wollen.

5 Tipps für...
...sicheres Online-Shopping

Worauf Sie beim Einkauf im Internet achten sollten

Weitere Infos für Lehrer / Erzieher

Schule gegen sexuelle Gewalt

Eine Initiative für mehr Sicherheit in der Schule

Anfangs freute sich die 15-jährige Schülerin, als ihr Sportlehrer ihr...[mehr erfahren]

Raus aus dem Klassenzimmer

Vorschriften und Aufsichtspflicht bei der Klassenfahrt

Eine Klassenfahrt kann schon einmal damit enden, dass Rettungswagen,...[mehr erfahren]

Reichsbürger

Konsequente Strafverfolgung, mehr Prävention

So genannte „Reichsbürger“ geraten immer wieder in die Schlagzeilen....[mehr erfahren]

Drogenschmuggel durch „Bodypacking“

Im Jahr 2016 wurde eine junge Kolumbianerin am Frankfurter Flughafen...[mehr erfahren]

Selbstbehauptungskurse für Kids in Bayern

Das Polizeipräsidium München bietet Selbstbehauptungs- und...[mehr erfahren]