„Soziale Medien sind ein Marktplatz für Schleuser“
Welchen Gefahren und Risiken sind die Menschen während des Transports ausgesetzt?
In den LKW werden die Geschleusten eng zusammengepfercht zwischen der Ladung transportiert, oft mehrere Wochen lang. Sie bekommen zu wenig Nahrung und Wasser, viele von ihnen ersticken oder verdursten. Etliche weitere ertrinken, weil ihre nicht seetüchtigen Boote kentern. Allein im letzten Jahr haben wir geschätzt wieder zwischen 1.600 und 2.000 Tote im Mittelmeer zu beklagen. Den Schleusern ist letztendlich der Mensch, den sie schleusen, völlig egal. Es geht ihnen rein um den Profit. Man kann jedoch sagen, dass die Gefahren insgesamt abnehmen. Weil die Schleuser ihre komplette Summe erst dann bekommen, wenn der Geflüchtete an seinem Ziel angekommen ist – und zum Beispiel eine SMS an seine Verwandten in der Heimat schickt – sind die Schmuggler sehr bemüht, die Risiken einzudämmen und die Schleusung erfolgreich abzuschließen.
Was passiert mit den Geflüchteten, sobald sie in Deutschland ankommen?
Das Registrierungsverfahren ist im Vergleich zu 2015 strukturierter geworden. Das heißt: Sobald die Bundespolizei die Geflüchteten an der Grenze aufgegriffen und ihre Daten erfasst hat, werden sie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zugeführt und an entsprechende Erstaufnahmeeinrichtungen verteilt, wo sie während ihrer Behandlung des Asylantrags vorübergehend wohnen. Wir reden momentan von ca. 100.000 bis 110.000 registrierten Flüchtlingen pro Jahr. Bei diesen Zahlen sind wir durchaus in der Lage, diese so abzuarbeiten, wie es einerseits menschenwürdig und andererseits nach Asylrecht erforderlich ist. Ein zunehmendes Problem ist seit 2021 allerdings die illegale Sekundärmigration von Griechenland nach Deutschland. Dabei geht es um Geflüchtete und Migranten, die bereits von griechischen Behörden einen internationalen Schutzstatus erhalten haben und anschließend in Deutschland erneut Asyl beantragen. Ein solcher doppelter Asylantrag ist nach EU-Gesetzen eigentlich nicht erlaubt. Da sich die Situation für Flüchtlinge in Griechenland aber noch nicht gebessert hat, arbeitet das BAMF diese doppelten Anträge dennoch sukzessive ab – und erkennt derzeit rund 90 Prozent davon auch an. Hier muss dringend eine Lösung gefunden werden, damit es wieder ein einheitliches Verfahren im Sinne des Asylrechts gibt.
Wo sieht die GdP die aktuellen Herausforderungen für die Polizei im Kampf gegen Schleuser?
Seit inzwischen sieben Jahren finden an der Grenze von Bayern und Österreich Kontrollen statt. Diese starren Grenzkontrollen, die ja eigentlich nur in Ausnahmefällen stattfinden sollten, sind unserer Ansicht nach kein probates Mittel zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität und irregulärer Migration. Sie binden nicht nur überdurchschnittlich stark unsere personellen und materiellen Kapazitäten. Auch haben sich die Schleuserorganisationen längst darauf eingestellt, dass an diesen Grenzübergängen kontrolliert wird und fahren stattdessen einfach drei Kilometer weiter rechts oder links davon über die Grenze. Wir stellen uns stattdessen – und das publizieren wir als GdP bereits seit vielen Jahren – eine intelligente Grenzfahndung, das heißt, schnelle, mobile und unvorhersehbare Kontrollstellen, vor. Dazu bedarf es modernste Bearbeitungsfahrzeuge, sodass die Polizei die Sachbearbeitung größtenteils direkt vor Ort übernehmen kann. Außerdem brauchen wir gut ausgebildetes Personal und eine verbesserte technische Ausstattung, wozu wir auch Drohnen und Hubschrauberüberwachung zählen. Ziel muss es sein, dass wir für Schleuserbanden nicht länger kalkulierbar sind. Die bayerische Grenzpolizei macht es und bereits vor. Da muss die Bundespolizei auch hinkommen.
KF (Stand 26.08.2022)
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