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Institutionen müssen sexuellem Missbrauch vorbeugen

Thomas Schlingmann ist Experte der Beratungsstelle Tauwetter e. V. in Berlin. Er betreut Männer, die als Jungen sexuell missbraucht wurden. Im Interview spricht er über den Missbrauch in Institutionen und was sich ändern muss, damit man diesen verhindern kann.

 

Thomas Schlingmann

Tauwetter e. V., © Tauwetter e. V.

Gibt es neben der vermehrten Berichterstattung in den Medien weitere Indikatoren dafür, dass das Thema sexueller Kindesmissbrauch in Institutionen enttabuisiert wird?

Ein wichtiger Anhaltspunkt bezüglich der Aussprechbarkeit von sexueller Gewalt wäre meiner Meinung nach, wenn Pfarrer und Priester zum Beispiel in ihren Gemeinden selber öffentlich machen könnten und würden, wenn sie früher Opfer von sexueller Gewalt geworden sind. Es sagt viel darüber aus, welche Atmosphäre in einer Organisation herrscht, wenn Betroffene dort offen sagen können: Dies und jenes ist mir passiert. Solange die Einrichtungen, sei es eine Pfarrgemeinde oder ein psychosoziales Krisenzentrum, eine Atmosphäre pflegen, wo gesagt wird, „So etwas passiert da draußen, aber nicht bei uns“, solange ist das Thema nicht in den Köpfen angekommen und dann bestehen die Tabus nach wie vor.

Also gibt es ein Handeln nach dem Motto „Augen zu und durch“?

Missbrauch ist ein Thema, beim dem es vielen Menschen eiskalt den Rücken herunterläuft. Wenn ich diese Taten auf ein paar perverse Täter abschieben kann, ist das sehr bequem. Das ist wie ein schneller Reflex. Die wenigsten trauen sich ganz nah an das Thema heranzugehen und genau hinzusehen. Die Frage, „Warum macht jemand das?“, ist kein schönes Thema. Das will man auch gar nicht wirklich wissen. Weil es Übergänge gibt. Zwar fällt jeder Täter und jede Täterin bewusst die Entscheidung, ein Kind zu missbrauchen, insofern gibt es natürlich Unterschiede zwischen Tätern und Nicht-Tätern. Aber Macht missbrauchen oder Macht ausnutzen? Das kennen wir doch alle. Das haben wir alle schon gemacht. Da ist das Thema Missbrauch plötzlich auf sehr unangenehme Art und Weise ganz dicht bei uns selbst.

Ihre Kollegin Ursula Enders von der Organisation „zartbitter“ wünscht sich präventive Strukturen in den Institutionen. Ist das ein gangbarer Weg?

Ich denke, es müsste mit der Einstellung des Personals anfangen. Bewerber sollten ihren vorherigen Arbeitgeber von der Schweigepflicht entbinden können, damit der neue Arbeitgeber erfahren kann, ob es am alten Arbeitsplatz zu Übergriffen kam. Wenn man das als Standard abfragen kann, könnte man schon vor der Einstellung verhindern, dass jemand, der beispielsweise in einem Sportverein als Trainer wegen Missbrauchs rausgeflogen ist, einfach in den nächsten Verein wechselt. Es muss außerdem im Arbeitsvertrag klare Regelungen geben, die potentiellen Tätern und natürlich auch Täterinnen signalisieren: „Hier wird aufgepasst!“. Dazu müssen in jeder Institution individuelle Verhaltensregeln entwickelt werden. Und zwar partizipativ. Das heißt, die Kinder müssen mit einbezogen werden. Denn nur die wissen, wo die Schlupflöcher für Täter sind.

Wie kann das funktionieren?

Zum Beispiel über eine gemeinsame Gefährdungsanalyse. Dabei sammeln die Kinder selbst Ideen, wo ihnen etwas passieren könnte und was man dagegen tun kann. Dann setzt sich das Personal – die Erzieher, Lehrer oder Trainer – zusammen und macht dasselbe. Außerdem die Einrichtungsleitung und vielleicht die Eltern. Aus allen drei Programmen lässt sich dann ein Verhaltenskodex entwickeln, den alle kennen und hinter dem auch alle stehen. Die Regeln müssen natürlich auf jede Einrichtung angepasst sein. In einer Einrichtung für Behinderte haben andere Regeln zu gelten als im Sportverein. Das kann man mit den Kindern gemeinsam entwickeln. Dann ist zum Beispiel klar: Beim Vorlesen der Gutenachtgeschichte sitzt niemand auf einem Bett und grabbelt mit der Hand unter der Bettdecke, sondern sitzt im Raum auf einem Stuhl. 

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