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Die Anastasia-Bewegung in Deutschland

Sie propagieren ein Leben abseits der Gesellschaft inmitten der Natur. Ihr vermeintliches Ziel: sich als Selbstversorger aufs Land zurückzuziehen und dort frei und unabhängig zu leben. Doch die so genannte „Anastasia-Bewegung“ ist nicht so harmlos, wie sie sich auf den ersten Blick gibt. Denn unter dem Deckmantel einer esoterischen Natur-Romantik werden verschwörungstheoretische, rechtsextremistische und antisemitische Ideologien verbreitet. Dr. Matthias Pöhlmann ist der Beauftragte für Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Er erklärt, wie die Anastasia-Bewegung einzuschätzen ist.

Radikalisierung möglich

In Deutschland versuchen sich Anhänger der Anastasia-Bewegung vor allem in ländlichen Gebieten in Ostdeutschland niederzulassen. Das Ziel ist, dort günstig Land aufzukaufen, Familienlandsitze und letztendlich auch Schulen zu gründen. Es wird geschätzt, dass es zwischen 600 und 800 Angehörige der Bewegung in Deutschland gibt. Pöhlmann: „Die Anastasia-Bewegung tritt nicht als einheitliche und geschlossene Bewegung auf. Daher sind Aussagen zu genauen Zahlen nicht einfach. Sie erscheinen zudem als unorganisiert. Das ist aber Teil der Strategie. Sie sind durchaus gut vernetzt, auch in die rechte Szene.“ Seiner Einschätzung nach darf man die Bewegung weder verharmlosen noch unterschätzen. „Die Mitglieder ziehen sich aus dem demokratischen Diskurs zurück und errichten eine Parallelwelt. Das kann möglicherweise zu einem Magneten für Menschen werden, die völlig frustriert und enttäuscht sind. Es könnte zu Radikalisierungsprozessen kommen, in dem Hass auch in Gewalt umschlagen könnte“, so Pöhlmann.

Anlaufstellen bei Fragen

Neben der Anastasia-Bewegung gibt es auch immer wieder andere Vereinigungen, die auf den ersten Blick schwer einzuschätzen sind. Ist man sich nicht sicher, wie eine Gruppe oder Institution einzuordnen ist, kann man sich beispielsweise an Beratungsstellen wenden, die sich mit den Themen Sekten, neuen religiösen und ideologischen Gemeinschaften oder Psychogruppen auskennen, wie etwa Sekteninfo NRW. Sie können bei der Einschätzung helfen. „Gerade mit Blick auf die moderne Esoterik beobachten wir, dass sie inzwischen gerne als trojanisches Pferd für rechtsextremes Denken dient. Auch, weil die Anhänger von der Gesellschaft und der Politik gerne belächelt werden und man sie nicht ernst nimmt. Das sollte man aber“, betont Pöhlmann.

SBa (26.07.2019)

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