Die Bewertung von Kinderpornografie
Was ist strafbar, was nicht?
Die Suche nach Kinderpornografie im Netz ist strafbar
© sinuswelle, fotolia
Nicht nur der Besitz oder die Verbreitung von Kinderpornografie ist verboten, sondern auch zum Beispiel die Suche danach im Internet. Aber wo fängt der strafbare Bereich an? Welche Darstellungen werden als pornografisch bewertet – und welche nicht? Der Strafrechtler Arnd Hüneke erklärt, wo die Grenzen sind und welche Kriterien dafür maßgeblich sind.
Die Bandbreite der Darstellung von Kinderpornografie ist groß und reicht von harmlosen Abbildungen von zum Beispiel spielender Kinder bis hin zu schwersten Missbrauchsdarstellungen oder sadistischen Gewalthandlungen. Bei der strafrechtlichen Bewertung in Deutschland liegt die Grenze zwischen legal und illegal im so genannten „Posing“-Bereich, in dem Kinder nackt vor einer Kamera posieren. „Wenn auf dem Material unbekleidete Kinder in einer „unnatürlichen, geschlechtsbetonten Haltung“ zu sehen sind, also zum Beispiel ihre Scham spreizen oder ihr Gesäß besonders aufreizend gezeigt wird, geht es in den strafbaren Bereich“, erklärt Arnd Hüneke, der unter anderem maßgeblich an der Studie „Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie im Internet“ beteiligt war. „Das heißt: Urlaubsbilder von nackten, spielenden Kindern am Strand gelten nach dem derzeitigen Gesetzesstand nicht als Kinderpornografie“, so der Experte.
§ 184b StGB
Wer pornografische Schriften, die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern zum Gegenstand haben, verbreitet, öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht oder herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Definition von Kinderpornografie nicht überall gleich
In anderen Ländern wird der Begriff der Kinderpornografie anders ausgelegt, in manchen gibt es eine engere, in anderen wiederum eine weitere Definition des Begriffs. „In einigen Ländern ist schon der allgemeine Erwerb von Nacktbildern strafbar, wie etwa in Kanada. Andernorts muss es sich um „obszöne Darstellungen“ handeln, damit man von Kinderpornografie sprechen kann. Manchmal wird auch die Grenze des Kindesalters anders definiert. In Deutschland gilt als Kind, wer unter 14 Jahren alt ist. Im internationalen Begriffsverständnis werden aber zum Beispiel meist unter 18-Jährige als Kinder bezeichnet“, weiß der Kriminologe. Vor dem Jahr 2008 fielen in Deutschland Posing-Bilder nicht in den Bereich der Kinderpornografie. Auf dem Material musste ganz klar ein Missbrauch zu erkennen sein, damit der Begriff Kinderpornografie zutraf und als strafbar galt. „Wenn jemand stapelweise Bilder aus Katalogen mit bekleideten Kindern zu Hause hat, dann kann das zwar ein Indiz für eine pädophile Neigung sein – strafbar sind diese Bilder jedoch nicht“, betont Hüneke.
Abstufungen nach der Copine-Skala
Die so genannte „Copine-Skala“ wurde in den 1990er Jahren in Irland entwickelt und dient als Bewertungssystem, um die Schwere von Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern einzustufen. Die zehnstufige Skala reicht von nichtsexualisierten Bildern zum Beispiel aus der Werbung oder aus Familienalben (Stufe 1) über so genannte „Erotika“, auf denen Kinder heimlich und nur teilweise bekleidet abgebildet sind (Stufe 3) über Erotisches Posieren (Stufe 5) bis hin zu schweren sexuellen Übergriffen Erwachsener auf Kinder zum Beispiel durch Oral-, Vaginal- oder Analverkehr (Stufe 9) oder schwere Gewalthandlungen gegen Kinder, etwa durch Stockschläge sowie sexuelle Handlungen mit Tieren. „Die Copine-Skala wird im deutschen Strafrecht nicht herangezogen, weil es bei uns lediglich darum geht, festzustellen, ob es sich bei Abbildungen um Kinderpornografie handelt oder nicht. Außerdem geht es lediglich um die Quantität der Bilder, nicht um die Qualität. Der Schweregrad der gezeigten Misshandlungen spielt also für die Strafzumessung keine Rolle“, erklärt Arnd Hüneke.
Die Grenzen sind fließend
Trotzdem ist die Skala hilfreich, etwa wenn es um die Einschätzung in der Psychotherapie geht. „Kinderpornografie ist unter anderem strafbar, weil man verhindern möchte, dass derjenige, der Abbildungen dieser Art konsumiert, selbst einen sexuellen Missbrauch begeht. Es wird davon ausgegangen, dass die Gefahr, dass so etwas passiert, beim Konsumieren von Posing-Bildern wahrscheinlich geringer ist als bei Menschen, die sich Abbildungen von schwerem Missbrauch ansehen. Die Skala hilft zu bewerten, welche Neigungen ein Konsument von Kinderpornografie hat“, betont der Experte. Wie bei jeder Beurteilung eines Straftatbestands ist auch die Beurteilung von kinderpornografischem Material in gewissem Maße Ermessenssache. „Bei jedem Straftatbestand gibt es eine Grenze. Ob diese Grenze im Einzelfall aber bereits überschritten oder eben noch nicht überschritten wurde, hängt oft vom jeweiligen Betrachter ab“, meint Hüneke.
SW (25.04.2014)
Weitere Infos zum Thema Extremismus und Gewalt
„Man muss den Kindern andere Erfahrungshorizonte eröffnen!“
Ob in der Politik oder bei Demonstrationen aktiv – Menschen mit...[mehr erfahren]
Die Aussteiger-Beratung EXIT-Deutschland geht neue Wege
Menschen, die aus der rechtsextremen Szene aussteigen möchten, stehen...[mehr erfahren]
Konsequente Strafverfolgung, mehr Prävention
So genannte „Reichsbürger“ geraten immer wieder in die Schlagzeilen....[mehr erfahren]
Die Arbeit der Aussteigerberater in Bayern
Seit Februar 2001 gibt es beim Bayerischen Landesamt für...[mehr erfahren]
Interview mit Sven Hüber, stv. Bundesvorsitzender der GdP
Laut dem gerade erschienen Verfassungsschutzbericht 2023 ist im...[mehr erfahren]
Neues Unterstützungsinstrument für die Polizei
Ob das Aushalten von Beschimpfungen, der Anblick von Tod oder...[mehr erfahren]
Selbsternannte „Reichsbürger“ missachten die staatliche Ordnung
Sie stellen sich Fantasieausweise aus und verweigern das Zahlen von...[mehr erfahren]
Das Prinzip der wehrhaften Demokratie
Die Bekämpfung des Rechtsextremismus dominiert seit Wochen die...[mehr erfahren]
Aktivitäten
Service
Audio Podcasts
Hier finden Sie alle Podcasts
Präventionsvideos
"Ein Bild sagt mehr als tausend Worte". Und gerade mit bewegten Bildern werden wir alle viel leichter erreicht als mit nüchternen Informationsmaterialien, die nur den Verstand ansprechen. Hier finden Sie die Präventionsvideos.
Schützen Sie Ihre Immobilie gegen Einbruch!
Erklärung einschlägiger Präventions-Begriffe
Beliebte Artikel zum Thema Gewalt im Extremismus
Braune Ideologie auf grünem Grund
Sie propagieren ein Leben abseits der Gesellschaft inmitten der...[mehr erfahren]
Wie Nazis das Thema sexueller Missbrauch für ihre Zwecke nutzen
Personen mit rechtsextremistischer Einstellung erkennt man nicht...[mehr erfahren]
Aussteigerprogramm „Exit“ hilft Ex-Rechtsradikalen beim Neuanfang
Gabriel L. bewegte sich 13 Jahre in rechtsextremen Kreisen und war...[mehr erfahren]