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Rechte Eltern – rechte Kinder?

Ob in der Politik oder bei Demonstrationen aktiv – Menschen mit fremdenfeindlicher Einstellung gibt es überall in Deutschland. Die neue Strategie der rechten Szene: Die Unterwanderung aller gesellschaftlichen Kontexte. Die „neuen“ Rechtsextremisten sind besonders häufig ehrenamtlich aktiv. Sie arbeiten in Sportvereinen oder lassen sich in den Elternbeirat von Kindergärten oder Schulen wählen.

Kinder sollten zum kritischen Nachdenken animiert werden 

© JiSIGN, fotolia

Phase des kritischen Realismus nutzen 

Der Umgang mit rechtsextremistisch geprägten Familien ist für Institutionen wie Kindergärten und Schulen nicht leicht. Denn es stellt sich die Frage, was man tun kann, um den Kindern ein anderes Weltbild zu vermitteln, als das von den Eltern vermittelte rechtsextremistisch geprägte. „Man sollte versuchen, die Kinder in ihrem von zu Hause mitgegebenen Wissen zu irritieren. Dabei müssen sie selbst ins Nachdenken darüber kommen, ob das, was ihnen erzählt wird, das Richtige ist. Man darf das nicht von außen aufdrängen oder gar die Eltern schlecht darstellen – das würde das genaue Gegenteil bewirken, nämlich, dass sie die Eltern in Schutz nehmen“, betont Köttig. Möglichkeiten zur Irritation gebe es viele. Wichtig sei nur, dass es eher subtil geschehe und nicht direkt angesprochen würde. „Das Kind muss selbst die Erfahrung machen, dass das Bild, das ihm vermittelt wurde, brüchig ist. Diese Erkenntnis muss aber aus und von ihm selbst kommen: Der beste Freund hat eine andere Hautfarbe – das passt ja eigentlich nicht zusammen. Wie kann das sein?“, so die Expertin. Solche Szenarien könne man unterstützen und somit zum Nachdenken anregen. Im Alter zwischen sieben und zehn Jahren ist bei Kindern dafür die beste Zeit. Denn in dieser Entwicklungsphase stellen Kinder alles in Frage und prüfen alle Aussagen auf ihren Realitätsgehalt. „Diese Phase nennt man „kritischen Realismus“. Hier haben Kinder das Bedürfnis, den Dingen genau auf den Grund zu gehen, Widersprüche zu entdecken und aufzuklären. Sie wollen wissen, wie etwas funktioniert, warum es funktioniert und welche Hintergründe es hat, dass etwas so läuft und nicht anders. Und genau hier kann man ansetzen, diese Phase kann man nutzen, um Zweifel an rechtsextremistischen Einstellungen anzustoßen“, weiß die Expertin. In der Pubertät kippe das Ganze dann wieder. Wenn hier nicht vorher schon Zweifel an der Ideologie aufgekommen seien, werde es schwierig. Denn dann würden die Jugendlichen vermehrt nach Zugehörigkeiten suchen – wenn sie dann bereits in der rechtsextremistischen Szene verwurzelt sind, werden diese Kontakte eher intensiviert. „Je älter die Kinder werden, desto mehr Wissen haben sie. Die Szene bewegt sich ja häufig auch in illegalen Bereichen. Dieses Wissen macht sie zu Geheimnistragenden, was sie weiter an die Szene bindet. Da kann es sehr schwer sein rauszukommen bzw. sich anderen Dingen zuzuwenden“, so Köttig. 

Abgestimmtes und gezieltes Vorgehen in den Institutionen 

Die Frage, wie man mit rechtsextremen Eltern und deren Kindern umgehen soll, beschäftigt momentan viele öffentliche Institutionen. Die Problematik wird dort zwar langsam wahrgenommen, aber noch mangelt es an konkreten Handlungshilfen. „Das Thema ist wirklich schwierig. Man kann ja schließlich kein Kind aus einer Familie nehmen, nur weil die Eltern eine andere politische Einstellung haben. Jedenfalls nicht, so lange keine Gewalt im Spiel ist oder Straftaten begangen werden. Deshalb muss man einen anderen Weg finden, und der heißt momentan: Das Kind stärker an die Institution binden und ihm dort andere Erfahrungshorizonte öffnen“, erklärt die Biografieforscherin. Wichtig sei für alle Ausbildungsstätten, den richtigen Umgang mit dem Thema Rechtsextremismus zu lernen. Denn es darf weder skandalisiert oder dämonisiert noch verharmlost werden. Es muss eine klare Position dazu geben, die von allen konsequent und ganz selbstverständlich umgesetzt wird. „Wir brauchen Fortbildungen in diesem Bereich, die den Beteiligten eine strukturierte und abgestimmte Vorgehensweise erlauben. Sie müssen genau wissen, was sie zu tun haben und wie sie in so einem Fall handeln können und müssen. Dazu gehört etwa auch eine Ausbildung zur Gesprächsführung mit rechtsextremistischen Eltern“, betont Köttig. In vielen Einrichtungen würde das Thema bislang auch einfach totgeschwiegen oder verharmlost, man würde über viele Dinge einfach hinwegsehen. „Wir müssen das Thema aufmerksam verfolgen und klar dazu Stellung beziehen – in allen Bereichen des öffentlichen Lebens“, so die Expertin. (SW) 

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