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Unseriöse Model-Castings

Sandra F. träumte schon ihr Leben lang davon, als Model zu arbeiten. Umso mehr freute sie sich, als sie überraschend von einer Agentur zum Casting in ein Duisburger Hotel eingeladen wurde. Dort wurde sie mit Komplimenten überschüttet – und so lange um den Finger gewickelt, bis sie einen Vertrag unterschrieb. Verbraucherschützer warnen bereits seit einigen Jahren ausdrücklich vor dieser Masche. Der Grund: Die Verträge machen die Models zu Anzeigenkunden und entbinden sie in einer Klausel von ihrem Widerrufsrecht.

Teure Folgen

Auf der Webseite „Modelsweek.de“ tummeln sich bereits mehr als 9.000 Profile von Jugendlichen sowie Frauen und Männern jeden Alters – teilweise sogar von sehr jungen Kindern. Was die meisten Teilnehmer beim Casting noch nicht ahnten: Bei ihrer Online-Sedcard handelt es sich um eine gekaufte Anzeige in eigener Sache. Mit anderen Worten: Vor dem ersten eigenen Verdienst sollen potenzielle Models erst einmal für den Anzeigenvertrag zahlen. Die Laufzeit beträgt ein Jahr und wird anschließend automatisch um ein weiteres Jahr verlängert, wenn der Vertrag nicht rechtzeitig gekündigt wird. Auch fatal: Im Gegensatz zu seriösen Agenturen, bemüht sich Lorraine Media nach Vertragsabschluss nicht selbst um Jobs für die „Models“. Aufträge bekommen sie nur dann, wenn ein Kunde im Internet auf ihr Profil aufmerksam wird und eigenständig Kontakt mit ihnen aufnimmt. Professionelle Model-Agenturen hingegen vermitteln aktiv zwischen Models und Kunden. Außerdem finanzieren sie die Fotos für die Sedcard selbst und tragen auch das finanzielle Risiko für den Fall, dass ein Model keine Aufträge bekommt.

Ein Widerruf ist laut Verbraucherschützern möglich

© Verbraucherzentrale Hamburg

Widerruf zwecklos?

Nach einer Internetrecherche oder im Gespräch mit Freunden kommt für viele Teilnehmer zuhause das böse Erwachen. Entscheiden sie sich im Nachhinein gegen den Vertrag und widerrufen diesen innerhalb von 14 Tagen, besteht nach Angaben von Lorraine Media dazu kein Recht. Die Begründung: Die Models werden als Anzeigenkunden bzw. Gewerbetreibende gehandelt und können angeblich keine Verbraucherrechte geltend machen. Bekräftigt wird diese Behauptung von zahlreichen Internetseiten wie „modelabzocke.com“, „casting-test.com“, „widerrufen.org“ und „kuendigung-urteile.com“, mit denen Lorraine Media offensichtlich Image-Pflege betreibt. Sie alle vermitteln die Botschaft, die Models seien selbst schuld und ein Widerruf führe keineswegs zum gewünschten Erfolg.

Nicht vorschnell zahlen

Um nicht auf unseriöse Angebote hereinzufallen, sollte man bei Einladungen zu vermeintlich kostenfreien Castings und Fotoshootings grundsätzlich skeptisch sein. Verträge gilt es immer gründlich zu studieren und niemals in Eile zu unterschreiben. Ist es dazu schon zu spät, rät die Verbraucherschutzzentrale, den Vertrag in jedem Fall rechtzeitig zu kündigen. So verhindert man, dass er sich automatisch um weitere zwölf Monate verlängert. Außerdem sollten Betroffene unbedingt versuchen, den Vertrag trotz Warnung von Lorraine Media zu widerrufen. Eine Verweigerung des Widerrufsrechts ist nach Meinung von Verbraucherschützern weder nachvollziehbar noch zulässig. Deshalb gilt: die geforderte Summe auf keinen Fall vorschnell zahlen. Im Ernstfall kann es notwendig sein, sich rechtliche Unterstützung einzuholen.

KF (Stand: 18.12.2020)

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