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Bundesweite Proteste durch Klimaaktivisten

Sie ketten sich an Brücken und verursachen kilometerlange Staus: Um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen, sorgen Protestgruppen wie die „Letzte Generation“ immer wieder mit Blockadeaktionen oder durch Attacken auf Kunstwerke für Schlagzeilen. PolizeiDeinPartner sprach mit Jochen Kopelke, dem Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), über die derzeitige Entwicklung in Deutschland.

„Härtere Strafen sind nicht notwendig“


Klimaaktivisten kleben sich in München an der Straße fest

© MiReh/stock.adobe.com

 

Sie ketten sich an Brücken und verursachen kilometerlange Staus: Um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen, sorgen Protestgruppen wie die „Letzte Generation“ immer wieder mit Blockadeaktionen oder durch Attacken auf Kunstwerke für Schlagzeilen. PolizeiDeinPartner sprach mit Jochen Kopelke, dem Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), über die derzeitige Entwicklung in Deutschland.

Herr Kopelke, vor welche besonderen Herausforderungen werden Einsatzkräfte durch die Proteste der Klimaaktivisten gestellt – und inwiefern sind ihre Aktionen überhaupt noch „richtig“ und nachvollziehbar?

Natürlich beschäftigen diese Aktionen, wie grundsätzlich jedes Protestgeschehen, die Polizei und auch die GdP. Die Bandbreite der derzeitigen Aktionen im Rahmen der Klimakrise ist allerdings größer denn je und reicht von bekannten und legalen Protestformen wie friedlichen Versammlungen bis hin zu ganz neuen Ausmaßen wie dem Beschmutzen von Gemälden, dem Festkleben auf der Straße oder auch Gewaltausbrüchen im Kontext von Lützerath. Viele Handlungen der Aktivistinnen und Aktivisten sind für die Polizei überhaupt nicht problematisch, während andere Aktionen für die beteiligten Einsatzkräfte höchst arbeitsintensiv und strafrechtlich relevant sind.

In den Medien werden die Aktionen der Protestler häufig befürwortet. Einsatzkräfte, die diese Aktionen unterbinden, werden wiederum in die Rolle des „Buhmanns“ gedrängt. Inwiefern kann das für die Kolleginnen und Kollegen belastend sein?

Wenn Polizistinnen und Polizisten öffentlich belacht oder sogar ablehnend bewertet werden, ist das im Kontext der Klimakrise und des Klimaprotests ein ganz sensibles Spannungsfeld. Denn wir Polizistinnen und Polizisten haben natürlich auch eine eigene Meinung zur Umwelt, zum Klima und zu unserer Zukunft, die aber in unserem Dienst stets hintenansteht. Als Beamtinnen und Beamte sind wir dazu verpflichtet, neutral zu sein und professionelle Arbeit abzuliefern. Im Nachhinein für die eigentliche Aufgabe und das staatliche Handeln kritisiert zu werden, ist oft schwer zu ertragen. Das ist aber erst einmal überhaupt nichts Ungewöhnliches. Der Polizeidienst ist ja immer geprägt davon, dass Dritte ihn bewerten und beurteilen. Und insofern darf uns das nicht zu sehr irritieren.

Die Polizei wurde in den vergangenen Monaten außerdem des Öfteren für ihr nicht adäquates und zum Teil angeblich „ruppiges“ Vorgehen gegenüber den Aktivistinnen und Aktivisten kritisiert. Was sagen Sie zu solchen Vorwürfen?

Der Einsatz in Lützerath im Kontext des Braunkohleabbaus hat natürlich nochmal alle Formen der polizeilichen Intervention auf die Tagesordnung gerufen. Wenn wir in einem großen Versammlungsprotest Unfriedlichkeiten erkennen und als Polizistinnen und Polizisten mit Steinen beworfen und mit Pyrotechnik beschossen werden, oder Polizeiaufforderungen nicht nachgekommen wird, dann sieht das Gesetz vor, dass wir Mittel wie unmittelbaren Zwang, Schlagstöcke oder Pfefferspray einsetzen dürfen. Das hat die Polizei im Kontext von Lützerath getan und erfährt teilweise große Kritik dafür – unter anderem, weil die Medien und die gewählten Bilder Schlüsse zulassen, die nicht der Realität entsprechen. Viel entscheidender für uns ist, dass die Aufarbeitung dieses Einsatzes in den entscheidenden Ausschüssen noch einmal gezeigt hat, wie stolz man auf die Besonnenheit der Einsatzkräfte und die professionelle Polizeiarbeit in Nordrhein-Westfalen sein kann. Insofern haben wir kein Verständnis dafür, dass die Polizei von ein paar Wenigen absichtlich in ein falsches Licht gerückt wird.

Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP)

© GdP

Viele Aktivistinnen und Aktivisten werden festgenommen, drei Tage später wieder auf freien Fuß gesetzt und setzen ihre Aktionen unbeirrt fort. Ist das für die Polizeiarbeit nicht hinderlich und frustrierend?

Dass Menschen bereits kurze Zeit später wieder aus einem Gewahrsam rauskommen, ist nicht ungewöhnlich. Im Fall der anhaltenden Straßenblockaden der „Letzten Generation“ ist es allerdings auffällig, dass die Menschen aus den Polizeidienststellen rausgehen und am nächsten Tag dasselbe Verhalten wieder an den Tag legen. Da bietet es sich an, das Polizeigesetz auszureizen. Das, was rechtlich möglich ist, machen die Bundesländer, das machen wir Polizistinnen und Polizisten – und zwar immer gestützt von einem unabhängigen Richter oder einer unabhängigen Richterin. Insofern trügt der Schein hier. Hinzu kommt, dass die präventiven polizeilichen Maßnahmen deutschlandweit teilweise so unterschiedlich sind, dass dadurch der Eindruck entstehen kann, der Staat sei handlungsunfähig. Das ist aber nicht so. Es gibt den sogenannten Verhinderungsgewahrsam als wirksames Instrument des gesetzlichen Auftrags der Gefahrenabwehr, der aber in den einzelnen Bundesländern sehr verschieden gehandhabt wird. In Bayern funktioniert es zum Beispiel besser als in Berlin. Hätte man deutschlandweit ein einheitliches Vorgehen, dann würde auch überall der gleiche Eindruck entstehen: Die Polizei setzt sich durch.

Immer häufiger greifen Passanten und Autofahrer zur Selbstjustiz und tragen Klimaaktivisten, die den Verkehrsfluss stören, einfach selbst von der Straße. Wie bewerten Sie dieses Verhalten?

Ich kann nachvollziehen, dass es gerade für die Protestformen der „Letzten Generation“ wenig bis gar kein Verständnis von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern gibt und gerade Autofahrerinnen und Autofahrer von den ständigen Blockaden genervt sind. Selbst Hand anzulegen, steht jedoch unter Strafe. Für diese Aufgaben ist allein die Polizei zuständig, die in der Regel auch sehr schnell reagiert. Denjenigen, die Selbstjustiz ausüben, kann man deswegen nur raten: Hören Sie auf damit. Denn Sie bringen sich nicht nur selbst in Gefahr, sondern begehen höchstwahrscheinlich eine Straftat, ohne dass es Ihnen bewusst ist.

Inwiefern macht eine Verschärfung des Strafrechts, zum Beispiel für andauernde Straßenblockaden, aus Sicht der GdP Sinn?

Die Gewerkschaft der Polizei hat in der Anhörung des Deutschen Bundestags im Rechtsausschuss klar Position dazu bezogen: Es braucht keine Strafverschärfung, weil die geltenden Rechtsnormen im Strafgesetzbuch und im Ordnungswidrigkeitenrecht ausreichen, um das Fehlverhalten von Klimaaktivisten zu sanktionieren und polizeiliche Maßnahmen einzuleiten. Es gibt natürlich schon Fragestellungen, denen man sich in Zukunft stärker widmen könnte, wie zum Beispiel: Was ist das für eine Organisation? Wie ist sie strukturiert? Ist es eher eine kriminelle Vereinigung oder verfolgt sie einen legitimen Zweck? Das sind aber alles Dinge, die nicht durch Strafverschärfungen händelbarer werden würden.

Welche Strategie sollten Bund und Länder stattdessen verfolgen?

Die Innenminister der Bundesländer haben sich zunächst auf ein gemeinsames Lagebild verständigt, um erst einmal Problemstellungen und Herausforderungen zu erheben und damit die Grundlage für ein einheitliches Vorgehen in Sachen Strafverfolgung zu schaffen. Im Moment ist es wichtig, dass erst einmal Gleichförmigkeit hergestellt wird und es keinen „Tourismus“ im Protestgeschehen gibt. Es darf nicht sein, dass ich in Hamburg anders agieren oder bestraft werden kann, zum Beispiel in Stuttgart oder Dresden. Da liegt uns als Gewerkschaft der Polizei sehr viel dran, weil für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland klar sein muss, was wo verboten ist. Und im Moment wirkt das eher wie ein Flickenteppich. Deswegen wünschen wir uns ein einheitliches Versammlungsgesetz und einheitliche Polizeigesetze, um das Vorgehen der Polizei auch gleichmäßig zu gestalten.

Was möchten Sie unseren Leserinnen und Lesern zum Abschluss noch mit auf den Weg geben?

Schließen Sie sich nicht jedem Protest an und gehen Sie immer kritisch mit den Protestformen selbst um, bevor Sie möglicherweise eine Straftat begehen. Durch die Bewältigung verbotener Proteste und die damit verbundenen Dauereinsätze verliert die Polizei viele Ressourcen, die sie lieber in andere Bereiche einfließen lassen würde. Deswegen mein großer Appell: Wirken Sie auf die Menschen ein und begehen Sie friedlichen Protest, so wie es das Grundgesetz vorsieht.

KF (Stand: 24.02.2023)

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