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Drogensubstitution beim Hausarzt

Eine in Deutschland etablierte Therapie zur Behandlung von Drogensüchtigen ist die so genannte Drogensubstitution. Darunter versteht man die ärztliche Behandlung von Suchtkranken mit legalen Ersatzdrogen. Schwer Abhängige sollen durch dieses Konzept gesundheitlich und sozial so stabilisiert werden, dass anschließend die Entwöhnung von der Droge erfolgen kann. Allgemeinmedizinerin Ans-Barbara Busch führt solche Behandlungen seit 1990 in ihrer Kölner Praxis durch.

Wie würde ein wünschenswerter Therapieverlauf aussehen?

Wenn es optimal läuft, wird der Patient durch das Methadon zu Beginn der Behandlung vom Suchtdruck befreit. Die festgelegte Dosis wird dann eine Zeit lang täglich verabreicht. Wenn alles gut geht und bei den Urinkontrollen keine Unregelmäßigkeiten auftauchen, frage ich den Patienten, ob er damit einverstanden ist, bei der Dosierung herunterzugehen. Dabei ist es mir sehr wichtig, keinen zu großen Druck auf die Person auszuüben, denn allein schon die Vorstellung, die Dosis könne reduziert werden, kann beim Patienten extreme Ängste auslösen und Entzugssymptome verursachen. Man wird also in der Regel mit einer Verringerung der Dosis um lediglich ein Milligramm beginnen und dies so lange fortsetzen, bis der Patient komplett entwöhnt ist. Das ist allerdings nur selten der Fall.

Ans-Barbara Busch

Fachärztin für Allgemeinmedizin, © privat

Welchen sozialen Hintergrund haben Ihre Substitutionspatienten in der Regel?

Die Patienten sind eigentlich alle aus dem Drogenmilieu. Sie kennen sich aus der Drogenszene und haben sich vor der Behandlung bei mir durch den illegalen Handel mit Drogen versorgt. Das ist kein gesellschaftlicher Durchschnitt. Es gibt zwar immer wieder Menschen, die es geschafft haben, trotz Drogensucht nicht in die Szene abzurutschen bzw. sich wieder aus der Drogenszene zu lösen – das sind aber wirklich Ausnahmen. 95 Prozent meiner Substitutionspatienten sind Hartz IV-Empfänger und Arbeitslose. Nur wenige gehen regulär arbeiten. Diejenigen, die es tun, halten ihre Sucht in den meisten Fällen vor dem Arbeitgeber geheim. Ich hatte zum Beispiel bereits eine Lehrerin oder einen Arzt in Behandlung, das sind aber wirklich Einzelfälle.

Wie findet ein Abhängiger Zugang zu der Behandlung?

Ausschlaggebend ist die Eigeninitiative der Patienten, die zumeist aus der Drogenszene von den Möglichkeiten der Substitutionsbehandlung erfahren. Da sind auch die Namen der behandelnden Ärzte im Umlauf, so dass eigentlich jeder weiß, an wen man sich wenden muss. Wenn ein Patient zu mir kommt, der substituiert werden will, weise ich darauf hin, dass er ergänzend eine psycho-soziale Betreuung durch einen Sozialarbeiter braucht. Das ist so vorgeschrieben. Dann nehme ich eine Untersuchung vor, um zu sehen, ob es nicht Gründe gibt, die prinzipiell gegen eine Behandlung sprechen. Ein Ausschlusskriterium ist zum Beispiel chronisches Nierenversagen, weil dann die Nieren den Körper nicht mehr entgiften können. Bevor ich jemandem also Methadon gebe, muss ich mich vergewissern, dass ich ihm nicht schade.

Sich von der Drogensucht zu lösen erfordert viel Kraft und Ausdauer

© Christian Albert, MEV-Verlag

Was ist der Auslöser dafür, dass sich ein Patient in die Substitution begibt?

Hauptantrieb ist der Wunsch nach Entfernung aus der Drogenszene und nicht ständig der Droge hinterherjagen zu müssen. Außerdem ist es eine Alternative zum Entzug, der sowohl körperlich als auch psychisch extrem belastend ist. Man versetze sich in die Position eines Heroinabhängigen: Die Droge wird gespritzt, es folgt ein kurzer Rausch und drei Stunden später braucht man wieder was. Bei Methadon reicht es, wenn man einmal am Tag hier erscheint und seinen Becher leer trinkt. Schon ist die Grundsättigung da, allerdings ohne Rausch. 

Nun ist Ihre Praxis ja eine Anlaufstation für Menschen, die ein akutes Drogenproblem haben. Lockt das nicht auch die Dealer an?

Dealer, die vor unserer Praxis herumlungern und Leute ansprechen, sind in der Tat ein großes Problem. Wenn es sehr konkret ist, muss man schauen, dass man die Polizei holt oder auch verschärfte Ansagen gegenüber den Patienten macht. Ich würde mir hier auch wirklich mehr Präsenz von Seiten der Polizei wünschen. Aber es wird immer so sein: Wo ein Haufen Hungriger ist, wird es auch einen Würstchenverkäufer geben. Und es gehört natürlich auch bei Dealern zur Geschäftspflege, dass man die Kundschaft pflegt, wenn sie droht, abzuspringen. Dann erleben wir Patienten, die sagen: „Oh, das habe ich geschenkt bekommen, da konnte ich nicht nein sagen.“ Rückfälle erleben wir ständig.

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