< Kein Alkohol in öffentlichen Verkehrsmitteln!

Richtig reagieren bei drohender Gewalt

Die Pöbelei in der Bahn, die Schlägerei vor der Disko, der nächtliche Überfall: In seinem Buch „Nutze deine Angst“ gibt der ehemalige Polizist Ralf Bongartz Tipps, wie man einer Eskalation vorbeugen kann und in Gewaltsituationen richtig reagieren sollte.

Die verbale Phase 

Bei der verbalen Phase ist das Ziel des Täters, mit Worten anzukoppeln. Antwortet man, ist das der Beginn der Eskalationsspirale. Auf Sätze wie „Ey du Arschloch, hast du ein Problem, du Penner?“ oder „Ey, was guckst du so blöd?“ sollte man gar nicht eingehen. Ralf Bongartz empfiehlt: den Täter ignorieren, den Blick seitlich abwenden und einfach weitergehen. Auf keinen Fall antworten. Sollte es doch zu einer verbalen Auseinandersetzung kommen, sollte man den Täter siezen und die Führung übernehmen: Warum sprechen Sie gerade mich an? Was meinen Sie damit? Warum drohen Sie mir? Was möchten Sie genau von mir? Diese Fragen bringen das Gegenüber aus dem Konzept. Das „Sie“ erlaubt es nicht, dass der Täter ankoppelt. Zudem merken fremde Personen, etwa Mitreisende in der Bahn, dass es sich nicht um einen Streit zwischen Bekannten handelt. „Das Sie ist aber nicht nur ein äußeres, sondern vor allem auch ein inneres Signal: Es erlaubt mir, mein Ziel besser zu verfolgen, nicht in eine Opferhaltung zu rutschen und Distanz zu gewinnen“, erklärt der Verhaltens-Coach. 

Der ehemalige Kriminalhauptkommissar Ralf Bongartz ist Autor des Buchs „Nutze deine Angst – Wie wir in Gewaltsituationen richtig reagieren.“ (Fischer-Verlag, 2013) 

© S. Fischer Verlag GmbH

Die territoriale Phase 

An die verbale Phase schließt sich die territoriale Phase an. Das heißt: Der Täter kommt näher. „Wenn jemand mir zu nahe tritt, kann ich die Hand ausstrecken und ruhig aber deutlich sagen: Stopp! Bleiben Sie stehen, gehen Sie einen Schritt zurück“, erklärt Ralf Bongartz. Dabei sollte man unbedingt den Blickkontakt halten, auch mehrere Sekunden lang. „Der Andere muss emotional spüren, dass ich da bin. Das wird am Blickkontakt festgemacht und an der Art wie man seinen Kopf bewegt“, sagt der Trainer für Konfliktmanagement und Körpersprache. Wer seinen Kopf zurücklegt und die Schultern nach oben zieht, macht vor allem eins deutlich: seine Angst. Der gesamte Köper zeigt Fluchttendenzen. Besser sei es, den Kopf einen Zentimeter vorzubeugen, dann komme die Botschaft auch an. Neben prägnanten Ansagen („Lassen Sie das!“) funktionieren auch kurze Fragen („Aus welchem Grund bedrohen Sie mich?“). Wer vom Naturell der Typ dafür ist, kann auch ohne Punkt und Komma konfus drauf los reden. Das irritiert Täter. Sie haben die Erwartung, dass man entweder Angst hat und flüchtet oder aggressiv wird und angreift. Dass sie zugequatscht werden, damit rechnen sie nicht. Wer eher ein Fluchttyp ist, sollte nicht erstarren. Hierbei gilt es: schnell schocken und ausbrechen. Laut werden, nicht hilflos schreien, sondern bestimmt sagen: „Lassen Sie mich in Ruhe!“ und sofort aus der Situation herausgehen. Dabei sollte man nicht blind flüchten, sondern gezielt jemanden ansprechen, sich in eine Gruppe begeben oder an einen belebten Ort. 

Die Phase körperlicher Gewalt 

Kommt es bereits zu körperlicher Gewalt, ist Intervention schwieriger als in den vorangegangenen Phasen. Deshalb sollte man eher zu Beginn einer Eskalation eingreifen. „Dann ist es auch für den Täter leichter, ohne Gesichtsverlust von seiner Strategie abzusehen“, sagt Ralf Bongartz. Wird man Zeuge von Prügeleien oder anderen bedrohlichen Situationen, sucht man sich am besten Verbündete, denn in der Gruppe geht das leichter. „Und rufen Sie die Polizei!“ Lieber einmal zu viel als zu wenig. Es gebe viel, was man in einer Situation tun kann, in der Täter ein Opfer bereits attackieren: „Man kann aus sicherer Entfernung rufen, im Zug die Notbremse ziehen, etwas durch die Gegend werfen oder kreativ werden und in ein paar Metern Entfernung lautstark einen Diebstahl inszenieren“, sagt der Trainer. Ralf Bongartz erinnert sich an einen besonderes gelungenen Fall neutraler Intervention: „Zwei Täter haben sich in der Bahn an einem Mann so richtig ausgelassen. Da ist eine Frau aufgestanden, hingegangen und hat das Opfer am Arm gepackt, es aus der Situation rausgezogen. Den Tätern ist die Kinnlade runtergefallen.“ 

Messer und Schusswaffen 

Benutzen Täter Messer oder Schusswaffen, sollte man direkt die 110 wählen und hingucken, rät Ralf Bongartz. Auf keinen Fall das Handy hochhalten und filmen. „Das Hinschauen ist wichtig, um sich direkt nach der Tat um das Opfer kümmern und später den Täter beschreiben zu können.“ Bei Messerattacken ist es wichtig, gar keine Gegenaggressivität starten. Er gibt zu bedenken: „Meistens sind Waffen ein Kampfvermeidungsritual; das Messer ist dazu da, um den Kampf zu vermeiden.“ Als Opfer sollte man neutral und ruhig tun, was der Täter sagt, aber auf keinen Fall in eine unterwürfige Opferhaltung verfallen. „Wenn man nervös und winselnd reagiert, raubt der Täter wohlmöglich nicht nur eine Sache, sondern fordert noch mehr, weil man es ihm leicht macht.“ 

Richtig verhalten in Gewaltsituationen 

Man sollte den Täter auf eine professionelle Weise konfrontieren: Klare Grenzen ziehen, ohne zu beleidigen oder zu drohen und ohne hysterisch zu werden. Man sollte auch aktiv dafür sorgen, dass der Täter eine Chance zum Rückzug hat. Versperrt man den Weg, kann das fatale Folgen für einen selbst haben.  Was man tun sollte: 

  • bestimmt bleiben 
  • sachlich sein 
  • ruhig bleiben 
  • im Gespräch siezen 
  • dem Täter einen Weg zum Rückzug lassen

 Was man auf keinen Fall tun sollte: 

  • den Täter anfassen oder festhalten 
  • ihn herabsetzen 
  • ihn beleidigen 
  • ihm drohen 
  • ihn anbrüllen 

KS (12.09.2013)

Seite: << zurück12

Weitere Infos für ÖPNV-Nutzer

Großveranstaltungen

Die Polizei im Einsatz beim Kölner Karneval

Großveranstaltungen wie der Karneval in Köln sind für die Polizei...[mehr erfahren]

Polizeibeamte als Trainer

In der Stadt und im Landkreis München gibt es seit mehr als 20 Jahren...[mehr erfahren]

Verkehrsunfallopfer

Portal Hilfefinder.de bietet Unterstützung bei psychischen Belastungen

Im Jahr 2018 nahm die Polizei bundesweit etwa 2,6 Millionen...[mehr erfahren]

Auf Streife mit der Kölner Fahrradpolizei

Die Ampel ist rot, die Autos stauen sich und ein Radfahrer schlängelt...[mehr erfahren]

Mobilitätswandel bringt neue Herausforderungen für die Verkehrssicherheitsarbeit

Regulierte Geschwindigkeit, Robotertaxis, Parks und Fahrradwege, wo...[mehr erfahren]