< Fakt oder Fake?

Radikalisierung im Netz

Im Juli 2016 wurden in Ansbach 15 Besucher eines Musikfestivals durch eine Bombenexplosion verletzt. Wie die Ermittlungen zeigten, war ein 27-jähriger Syrer für den Anschlag verantwortlich. Dieser soll sich zur Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) bekannt haben. Nicht der einzige Fall dieser Art: Zuvor sollen schon verübte Attentate in Paris, Orlando oder Würzburg von militanten Islamisten begangen worden sein. Dass sich diese Ideologie auch immer mehr in der westlichen Welt verbreitet, ist vor allem dem Internet zuzuschreiben. Im Netz werden dschihadistische Propaganda veröffentlicht und Mitstreiter angeworben. Die Redaktion von PolizeiDeinPartner.de sprach mit Dr. Bernd Zywietz, Medien- und Filmwissenschaftler, über die Hintergründe des so genannten „Cyber-Dschihad“ und die Vorgehensweisen von Dschihadisten im World Wide Web.

Instrumentalisierung sozialer Medien

Zur Verbreitung ihrer Ideologie bedienen sich Dschihadisten gängiger Kanäle. Mit dem Aufkommen des Internets fand der Austausch zunächst über Foren statt. Mittlerweile werden vor allem soziale Netzwerke genutzt. „Wie für jeden anderen bietet sich hier die Möglichkeit, sich zu präsentieren und zu vernetzen“, erklärt der Experte. Zudem werden propagandistische Inhalte wie religiöse Schriften auf Sharing-Plattformen hochgeladen. Links zum Download des Materials werden dann über die sozialen Medien geteilt. Selbst wenn Inhalte nach gewisser Zeit gelöscht werden, tauchen sie kurz danach wieder auf. Dasselbe gilt für Propagandavideos, die bei YouTube und ähnlichen Diensten eingestellt werden. „Bis zur Löschung haben es trotzdem genug Leute gesehen. Das ist ein Kampf gegen Windmühlen“, meint Zywietz. Ein weiteres Problem: Soziale Medien animieren zu einer Art Mitmach-Dschihadismus. So stellen viele Kämpfer im Irak und in Syrien Bilder von sich bei Facebook oder Twitter ein. Im Rahmen der Propaganda-Kampagne „Eine Milliarde Muslime“ sollten Anhänger des IS Fotos mit dem Logo der Terrormiliz veröffentlichen. „Man wird animiert, teilzunehmen. Um sich in einer Szene heimisch zu fühlen, spielen soziale Medien eine große Rolle – auch beim Dschihadismus“, so der Experte weiter. In den letzten Jahren wurden zunehmend geschlossene Kommunikationskanäle genutzt, die eine Überwachung erschweren. „Man weiß, dass Französinnen mithilfe von WhatsApp nach Syrien und in den Irak gelockt wurden. Als Lockvogel dienen meist weibliche IS-Anhängerinnen, mit denen die Frauen über den Nachrichtendienst in Kontakt sind“, erläutert Zywietz.

Dr. Bernd Zywietz

Gründungs- und Vorstandsmitglied des Netzwerk Terrorismusforschung e. V., © privat

Dem „Cyber-Dschihad“ den Kampf ansagen

Dass sich die Propaganda militanter Islamisten über soziale Netzwerke verbreiten kann, liegt auch an den rechtlichen Rahmenbedingungen und dem Selbstverständnis der Online-Plattformen. Diese sind nur bedingt verpflichtet, Inhalte aktiv zu beobachten und zu löschen. Auf „Zuruf“ passiere dies aber schon, erklärt Bernd Zywietz. Dennoch werden erste Schritte in die richtige Richtung getan: Facebook, Twitter, Google und Microsoft wollen künftig gemeinsam gegen terroristische Propaganda im Internet vorgehen, indem beanstandete oder gelöschte Inhalte mit einem digitalen Fingerabdruck versehen werden. Dadurch lassen sich solche Inhalte auf anderen Seiten der Unternehmen finden und löschen. In Deutschland ist die Gefahr, die vom „Cyber-Dschihadismus“ ausgeht, längst erkannt. So wurden bereits Fördergelder zur Verfügung gestellt, um Präventionsprojekte zu etablieren. Nach Auffassung von Bernd Zywietz ist es jedoch entscheidend, dass diese Bemühungen vorangetrieben werden. So müsse im Fokus stehen, weshalb sich Menschen für diese Ideologie begeistern, um gegensteuern zu können. „Gewisse Maßnahmen helfen nur am Anfang. Ist der Radikalisierungsprozess fortgeschritten, müssen andere Mittel ergriffen werden. Die Botschaften müssen glaubhaft sein. Man muss den Personen auf Augenhöhe begegnen, um ernst genommen zu werden“, so der Experte abschließend.

MW (31.03.2017)

Seite: << zurück12

Kurztipps

5 Tipps für...
...den Schutz vor Erpressersoftware (Ransomware)

Darauf sollten Sie achten, um Angriffen auf Ihren Computer mit...

5 Tipps für...
...den Schutz vor Hacker-Angriffen

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie Ihren Rechner und Ihre...

5 Tipps für...
...die Immobiliensuche im Internet

Das sollten Sie beachten, um bei der Wohnungssuche im Internet...

5 Tipps für...
...die sichere Cloud-Nutzung

Das sollten Sie beachten, um Ihre Daten sicher in Cloud-Diensten zu...

5 Tipps für...
...sicheres Homeschooling/digitales Lernen

Darauf sollten sie achten, wenn der Unterricht Ihrer Kinder zuhause...

5 Tipps für...
...ein sicheres Internet für Kinder

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie Ihre Kinder oder Schüler vor...

5 Tipps für...
...das sichere Surfen im Urlaub

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie im Urlaub mobile Geräte nutzen.

5 Tipps für...
...einen erfolgreichen Widerruf

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie einen abgeschlossenen...

5 Tipps für...
...sicheres Bezahlen im Internet (Online Banking)

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie online bezahlen möchten.

5 Tipps für...
...sicheres Arbeiten im Home Office

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie von zuhause arbeiten.

5 Tipps für...
...den Umgang mit Spam-Mails

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie von Spam-Mails in Ihrem...

5 Tipps für...
...sicheres Online-Dating

Darauf sollten Sie bei der Partnersuche im Netz achten.

5 Tipps für...
...den Umgang mit Sozialen Medien

Diese Tipps helfen Ihnen, Social-Media-Kanäle sicher zu nutzen.

5 Tipps für...
...den sicheren Geschenkekauf

So verhindern Sie, dass der Einkauf nicht mit Frust endet.

5 Tipps für...
...ein sicheres Passwort

Darauf sollten Sie bei der Passworterstellung achten.

5 Tipps für...
...den Medikamentenkauf im Netz

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie Arzneimittel online bestellen.

5 Tipps für...
...die App-Nutzung

Das sollten Sie beachten, wenn Sie Apps herunterladen und nutzen.

5 Tipps für...
...einen sicheren Computer

So schützen Sie Ihren PC vor Viren, Trojaner und „Phishing“

5 Tipps für...
...ein sicheres Smartphone

So schützen Sie Ihr Smartphone und Ihre Daten vor Hackern und Betrug.

5 Tipps für...
...sicheres Online-Shopping

Worauf Sie beim Einkauf im Internet achten sollten

Weitere Infos zum Thema Internet und Mobil

Falsche Bilder, falsche Emotionen, falsche Argumente

Manipulierte oder aus dem ursprünglichen Zusammenhang herausgerissene...[mehr erfahren]

Im Team gegen Internetkriminelle

Seit April gibt es im Bundeskriminalamt (BKA) die neue Abteilung „CC“...[mehr erfahren]

Die Ergebnisse der KIM-Studie 2022

Katrin Prien, Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, forderte im...[mehr erfahren]

Diese Phishing-Variante arbeitet mit Fotos statt Links

Quick Response (QR)-Codes sind längst ein selbstverständlicher...[mehr erfahren]

Täter, Tatwaffen und Motive

Je weiter die Digitalisierung in der Wirtschaft voranschreitet, desto...[mehr erfahren]