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Das reformierte Sexualstrafrecht

Die Kölner Silvesternacht von 2015 wurde von massenhaften sexuellen Übergriffen auf Frauen an der Domplatte überschattet. Wenige Monate später verabschiedete der Bundestag eine Reform des Sexualstrafrechts. So wurde etwa ein neuer Straftatbestand zur sexuellen Belästigung geschaffen. Außerdem sind fortan alle sexuellen Handlungen strafbar, die gegen den erkennbaren Willen einer Person vorgenommen werden. Ein Knackpunkt bleibt die Beweispflicht.

Opfer von sexueller Gewalt sollten so schnell wie möglich Anzeige bei der Polizei erstatten. Wichtig ist auch die gerichtsfeste Spurensicherung. Zusätzlich kann man sich auch an eine Gewaltambulanz wenden, die es an mehreren Kliniken in Deutschland gibt. Hier finden Sie eine Übersicht der Untersuchungsstellen.

Belästigung in Gruppen, Upskirting und Stealthing

Nach den Vorfällen in der Kölner Silvesternacht 2015 hat der Gesetzgeber mit Paragraf 184j StGB noch einen neuen Straftatbestand der sexuellen Belästigung eingeführt. Er richtet sich gegen Personen, die in der Gruppe ein Opfer bedrängen, begrapschen oder sexuell nötigen. In Köln hatten mindestens 200 angetrunkene junge Männer am Hauptbahnhof in Gruppen Passanten angepöbelt und Frauen sexuell belästigt. In solchen Fällen macht sich laut Gesetz nun bereits derjenige strafbar, der Teil einer solchen Gruppe ist. So sollen auch an sexuellen Straftaten Beteiligte mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belangt werden können. Schwierig bleibt aber weiterhin der klare Beweis: War der Beschuldigte wirklich Teil dieser Gruppe?

Nur weil jemand in der Nähe steht, ist er nicht zwangsläufig Teil einer Gruppe. Auch die Gesetzesreform ändert kaum etwas daran, dass der Tatbeitrag des Täters vor Gericht exakt bewiesen werden muss. Dies zeigt sich auch am Ergebnis der strafrechtlichen Aufarbeitung der Kölner Silvesternacht. So wurden zwar über 600 Sexualdelikte von Frauen angezeigt, aber nur drei Sexualstraftäter konnte die Justiz am Ende überführen. Im Sommer 2020 hat der Bundestag ein weiteres Gesetz beschlossen, welches das sogenannte „Upskirting“ unter Strafe stellt, also das heimliche Fotografieren von Frauen unter dem Rock.

Stealthing bedeutet, dass Männer heimlich das Kondom abziehen.

© Nopphon / stock.adobe.com

Das gilt nun als Straftat und kann mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden. Solche Fotos stellen eine Verletzung der Intimsphäre und der sexuellen Selbstbestimmung des Opfers dar. Bislang wurde das „Upskirting“ oft nur als Ordnungswidrigkeit mit geringen Geldbußen geahndet.

Ein erstes obergerichtliches Urteil gab es im Sommer 2020 außerdem zum sogenannten „Stealthing“, also wenn ein Mann beim Geschlechtsakt heimlich das Kondom entfernt. In dem Fall hatte ein Bundespolizist Sex mit einer Kollegin, die aber auf die Benutzung eines Kondoms bestand. Doch der Mann zog das Kondom beim Sex heimlich ab und setzte den Geschlechtsakt ungeschützt fort. Das Berliner Kammergericht urteilte, dass das „Stealthing“ den Tatbestand eines sexuellen Übergriffs erfüllt, wenn der Täter in den Körper des Opfers ejakuliert. Der Polizist wurde zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe verurteilt. In anderen Fällen hat es aber auch Freisprüche gegeben. Die Rechtslage beim Stealthing ist also noch umstritten.

AL (Stand: 27.11.2020)

 

 

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