< Tatsachen ungeschönt. Hautnah.

Salafisten werben um Jugendliche

Zunehmend schließen sich junge Menschen extremistisch islamistischen Organisationen wie der Dschihadistengruppe „Islamischer Staat“ (IS) an – auch in Deutschland. Für die Familie und Freunde ist dieser Schritt oft ein großer Schock. Im bundesweiten Netzwerk der Beratungstelle Radikalisierung engagieren sich daher Experten, um Angehörige zu unterstützen, deren Kinder sich etwa salafistischen Organisationen zugewandt haben. Auch der „Verein zur Förderung akzeptierender Jugendarbeit e. V.“ (VAJA) in Bremen ist mit dem Projekt „kitab“ für Norddeutschland in dem Netzwerk beratend tätig. Die beiden Mitarbeiter stehen für Fragen zur Verfügung und beraten im Umgang mit der Situation.

Kontakt halten, Vertrauen zurückgewinnen

Jugendliche, die beginnen, sich für extremistische Vereinigungen zu interessieren oder sich ihnen bereits angeschlossen haben, brauchen vor allem die Aufmerksamkeit und den Rückhalt von Familie und Freunden. Die Berater des kitab-Netzwerks versuchen, das soziale Netzwerk um den Betroffenen zu stärken. „Wichtig ist, dass man den Jugendlichen ernst nimmt, ihn nicht verurteilt und ihm als Gesprächspartner weiterhin zur Verfügung steht, auch wenn man das Gefühl hat: Ich komme damit nicht klar, ich bin überfordert. Man sollte versuchen, ins Gespräch zu kommen, wieder mehr miteinander zu unternehmen und das vielleicht verlorene Vertrauen zurückzugewinnen, um auf dieser Basis kooperative Haltungen wieder zurückzugeben“, so Kurnaz. Man müsse verdeutlichen, dass man kein Problem mit der Religiosität habe, sondern mit der Art der Auslegung. Durch ein zugewandtes und interessiertes Fragen, ohne eine belehrende Haltung, würden bei den Jugendlichen Denkprozesse angestoßen. „Viele Jugendliche nehmen dieses Angebot von eindeutiger Orientierung gerne an, weil es ihnen das kritische Denken abnimmt. Wenn man es schafft, sie zum Nachdenken zu bringen und Verwirrung in den scheinbar klaren Strukturen zu stiften, kann eine möglicherweise problematische Entwicklung verhindert oder zumindest verlangsamt werden. Aber es ist ein schmaler Grat zwischen einer harmlosen Sympathie und einer gefestigten Überzeugung, die im schlimmsten Fall darin endet, dass das eigene oder das Leben anderer gefährdet wird“, betont die Expertin.

Was hat gefehlt?

Je stärker die Identifikation mit der „neuen Familie“ ist, desto schwieriger ist in der Regel der Zugang zu dem Betroffenen. Aber auch hier gilt es, Anknüpfungspunkte zum früheren Leben zu finden. Gibt es noch gute Freunde, mit denen der Jugendliche nach wie vor Kontakt hält? Betrachtet er eventuell einen gemäßigten Imam noch als Autorität und nimmt ihn als Gesprächspartner an? „Man sollte auch schauen: Was hat dem Jugendlichen gefehlt? Was hat ihn dazu gebracht, sich von seiner Familie und seinen Freunden abzuwenden? Was machte diese Auslegung des Islam so attraktiv im individuellen Fall? Welche Leerstellen wurden gefüllt? Dort kann man dann anknüpfen und entsprechende und konkrete Gegenangebote konstruieren“, erklärt Kurnaz.

Unterstützung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Man muss davon ausgehen, dass sich auch zukünftig immer mehr Jugendliche für extremistisch islamistische Gruppierungen interessieren werden. Hier gilt es gegenzusteuern. „Wir müssen verstehen, dass es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt, und sehen, dass es sich, wie es auch der Bundesinnenminister Thomas de Maizière formuliert hat, um „unsere Söhne und Töchter“ handelt und um kein importiertes Problem“, betont Kurnaz. Bei diesen Jugendlichen handele es sich um in Deutschland sozialisierte, junge Erwachsene und deshalb sei es nötig, gemeinschaftlich zu handeln und zu signalisieren, dass sie selbstverständlicher Teil der Gesellschaft sind. „Wir brauchen unter anderem sowohl eine Unterstützung und stärkere strukturelle Einbindung präventiver Angebote als auch einen Ausbau interventiver Maßnahmen, wie die der professionellen Beratungsstellen“, so der Wunsch von Berna Kurnaz. Außerdem müssten Hemmschwellen abgebaut werden, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen, wenn sich Jugendliche dem Extremismus zuwenden.

Aber auch Angehörige des Islam können viel dafür tun, dass ihre Religion nicht von Fanatikern missbraucht wird. „Ich finde es sehr positiv, dass die deutschen Islamverbände unter dem Motto „Muslime stehen auf gegen Hass und Unrecht“ dazu aufgerufen haben, sich klar von islamistischem Terror im Namen der Religion abzugrenzen, ein Zeichen gegen Hass und Gewalt zu setzen und damit deutlich zu machen, dass dies nichts mit den Vorstellungen der Mehrheit der Muslime gemeinsam hat. Solche Aktionen sind wichtig, um Vorurteile abzubauen und deutlich zu machen: Gewalt und Terror haben im Islam keinen Platz.“

SW (21.11.2014)

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